Mission Manifest: Die 11. These!

Mission Manifest: Die 11. These!

Am Sa, 28.07. 2018 haben sich über 300 Leiterinnen und Leiter katholischer Initiativen aus allen Altersgruppen auf den Weg in die St. Anna-Basilika in Altötting gemacht, um den nächsten Schritt des [„Mission Manifests“] zu gehen, zu dem sich einige Mitglieder des Initiatorenteams (Johannes Hartl und P. Karl Wallner zusammen mit Sylvia Buhl von der Koordinierungsstelle Jugend-Apostolat der österreichischen Bischofskonferenz) durch ein [kurzes Zusammentreffen mit PP. Franziskus] motiviert sahen. Es sollte nicht nur eine Impulskonferenz für die angereisten Teilnehmer werden, sondern die Protagonisten von Mission-Manifest wollten auch hören, welche Initiativen schon ihre Arbeit aufgenommen haben und welchen Aufgaben Mission-Manifest in Zukunft nachkommen solle. Hier die Kerngedanken, die ich vernommen habe und deren Zusammenfassung durchaus persönlich gefärbt ist:

Einführung in den Konferenztag durch Johannes Hartl.

Zu Konferenzen mit geistlichem Schwerpunkt gehört ausreichende Zeit für Gebet und Lobpreis, mit denen der Konferenztag begann, und mit dem die Teilnehmer auch nach den Pausen durch Nikolaus Krenn mit der Band der [Gemeinschaft „Bethabara“] aus Niederösterreich immer wieder in geistliche Einheit geführt wurden. Johannes Hartl (Gebetshaus Augsburg) oblag der erste Impulsvortrag. Das Bild einer Fußballmannschaft, für die selbstverständlich ein guter Teamgeist mitentscheidend sei für den Spielerfolg, diente ihm als Einstieg in die Thematik. „Es nützt nichts, wenn ein Spieler nur eine Meinung hat. Er muss auch etwas tun, nämlich Einsatz zeigen, Körpereinsatz“, so Hartl. Den „Kampf des Glaubens“, den der Apostel Paulus mehrfach erwähnt, erläuterte Hartl anhand des Jerusalemer Tempel-Neubauprojekts in Neh. 3, 34 ff. Nehemias Risikobereitschaft könne uns Vorbild sein, sich niemals entmutigen zu lassen. Bedenkenträger gebe es zu allen Zeiten, und wir seien nicht berufen, einfach nur auf solche zu reagieren.

Hartl stellte gem. Neh. 6, 2-10 Gegensatzpaare auf, wie Entmutigung entsteht und welche Gegenmittel wir aktiv einsetzen können:

  1. Jedem, der etwas ändern will, weht der Wind der Entmutigung ins Gesicht. Dagegen nenne den Feind beim Namen!
  2. Rechne damit, dass Dir falsche Motive unterstellt werden. Ändere Deinen Focus, indem Du von der Selbstverteidigung in den Lobpreis Gottes „flüchtest“!
  3. Dir wird eingeredet, „ein Nobody“ zu sein: Suche die Neubegegnung mit Gott! (EG 3) Er hat Dich und Dein Wirken auf seiner Agenda. Er liebt Dich, so wie Du bist, mit allen Deinen Möglichkeiten und sogar mit denen, die Du noch gar nicht kennst, aber kennenlernen wirst.
  4. Bei der Sichtung Deiner Berufung tauchen immer mehr Möglichkeiten des Engagements auf, die Du Dir vorstellen könntest. Verfolge Deine Vision nicht allein! Suche Dir Mitstreiter, ein Projektteam, mindestens aber eine/n Copiloten/in, in denen Ihr einander geschwisterliche Korrektur übt und Eure Ziele gemeinsam formuliert und die Strategie des Vorangehens festlegt.

Die 11. These für das Mission Manifest!

Erste „Best Practice“-Runde v.l.n.r.: Fra‘ Georg Lengerke (Malteser), Pastoralreferentin Carolin Ruoff (Missionarische Ideenwerkstatt Dresden), Moderatorin Sabeena Pattaru (fisherman.fm), Pia Manfrin (Jugendrat des Erzbistums Wien, „Jesus in the City“), Sasha Ungar (YOU-Magazin Wien, „Key2Life“-Festival), Abt Urban Federer OSB (Kloster Einsiedeln).

Eine Probe aufs Exempel für mutiges Voranschreiten und die Lernfähigkeit von Mission-Manifest gab Fra‘ Georg Lengerke von der Gemeinschaft Junger Malteser in München. Im Anschluss an den Einstiegsimpuls von Johannes Hartl wies er darauf hin, dass Gott dann in der Gesellschaft relevant und der Glaube plausibel wird, wenn wir „praktisch“ lieben. Daher möchte er die 10 Thesen für eine missionarische Kirche gerne um eine „11. diakonische These“ erweitern:

11. „Wir kommen zu Christus nicht ohne die Armen und gehen zu den Armen nicht ohne Christus.“

Lengerke rief die Option für die Armen in Erinnerung, die für PP. Franziskus (EG 176 ff.) und auch für den Lateinamerikanischen Bischofsrat [Aparecida 2007, Kap. 8, 3] unverzichtbar sei für die Definition von Evangelisierung! Missionarisches Christsein umfasse alle Lebensvollzüge der Kirche, und da sei Diakonie eines ihrer drei Wesenselemente (Glaubensdienst – Gottesdienst – geschwisterlicher Dienst), die wir nicht gegeneinander ausspielen dürfen.

Abt Urban Federer OSB (Kloster Einsiedeln) berichtete von den zum Teil erstaunten Reaktionen in der Schweizer Bischofskonferenz über seine Unterschrift unter das Mission Manifest. Antwort darauf ist unter anderem ein [missionstheologischer Studientag an der Universität Fribourg i. Ue.] mit Johannes Hartl und Karl Wallner, sowie mit Kritikern und Befürwortern. Für Abt Urban ist auch die ökumenische Bandbreite kirchlicher (Inlands-)Mission wichtig. Immer wieder persönliche Begegnungen und Gespräche zu suchen seien fast so etwas wie ein „Geheimrezept“ der missionarischen Transformation der Kirche, wie sie PP. Franziskus in Evangelii Gaudium anstrebt.

Bischof Stefan Oster (Passau) begnügte sich für seinen Impuls nicht mit dem Standort am Stehtisch vor dem Altar der Basilika, sondern ging mit dem (drahtlosen) Mikro mitten ins Auditorium.

Bischof Stefan Oster SDB in Aktion.

„Worum geht es uns? Weniger um ein Programm, ein Missions-Programm, sondern um eine Person. Wir bringen Christus! Präzenz!“ – und brechen damit eigentlich dem üblichen „Beschwichtigungs-Katholizimus“ die Spitze ab. Keine Kirche, Gemeinde oder Gemeinschaft werde authentisch „per Beschluss“, sondern:

  1. Glaube entsteht durch Begegnung. Stefan Oster ist „Salesianer Don Boscos“ und erinnert an die herzliche Fröhlichkeit seines Ordensgründers, der vielen Jugendlichen in der Industriestadt Trient des ausgehenden 19. Jhdts. Heimat geben konnte.
  2. Christus will in unserem Leben „wirklich“ werden, real, er wird in Dir und mir „conceptus“ – Fleisch, also eine Art „immerwährende Empfängnis“ durch seinen Heiligen Geist, denn die sei keinesfalls auf die einmalige Menschwerdung in Maria beschränkt.
  3. Christus kommt zu uns als Gabe, als Geschenk (Joh. 3, 16). Das heißt: Ich bekomme von Gott etwas unfassbar Großartiges – und wie reagieren wir? „Ja, das will ich haben“ oder „danke, aber dafür bin ich viel zu ungeeignet, das kann ich nicht annehmen“…?
  4. Ver-anwort-ung lernen wir bei Maria. Sie sagt authentisch „Ja“. Was Jüngerschaft bedeutet, können wir bei ihr lernen.

Dann sind die Teilnehmer dran:
Welche Visionen haben sie für Mission Manifest?

Gesprächsgruppe mit dem Verfasser dieser Zeilen (Foto: Bistum Passau)

Für sechs Gesprächskreise waren im angrenzenden Garten des St. Konrad-Klosters Sonnenschirme aufgestellt. Nach knappen Vorstellungsrunden in den willkürlich zusammengestellten Gruppen ging es an die zu beantwortende Frage, die die Tagungsteilnehmer schon im Vorfeld bekommen hatten: Welche Vision hast Du für das weitere Vorangehen von Mission-Manifest? Die Ergebnisse wurden danach dem Plenum in der St. Anna-Basilika in kurzen Statements vorgestellt:

  1. Neue pastorale Initiativen müssen von uns mehr in die kirchlichen Gremien eingebracht werden, von den Pastoralteams in den Pfarreien bis hin zu den Bischofskonferenzen. Missionarisch Kirche zu sein ist keine Aufgabe für fromme Randgruppen oder exklusive Fachkreise, sondern Grundauftrag aller Kirchen(-Mitglieder). Welche Personal- und Finanzmittel werden für pastorale Innovationen eingesetzt? (Beispiel-Bistümer wären für Deutschland Aachen, Hildesheim und andere.)
  2. Mission-Manifest hört den Berichten zu.

    Kommt die missionarische Vision (z.B. von EG) überhaupt „an der Basis“ an (d.h. wurde sie gelesen, ist sie bekannt?), und wie sorgen wir für Nachhaltigkeit? Welche missionarischen Netzwerke pflegen wir selbst? Wie sieht das praktisch in den Gemeinden und Gemeinschaften aus?

  3. Warum gibt es für Katholiken keine Evangelisations-Schulungen, außer vielleicht „freiwilliger Jahre“ für Jugendliche? Die Freikirchen machen es uns mit gut erprobten Konzepten und Kursen vor. Warum haben Pfarreien und Bistümer davon keine Kenntnis bzw. mögen keine Empfehlungen dafür geben? Katholischerseits müssten wir das Rad doch nicht immer wieder neu erfinden. Mehr Mut zur Kooperation mit außerkatholischen Kursen, indem wir einfach daran teilnehmen!
  4. Berichte aus den Gesprächsgruppen

    Die weltweite Evangelische Allianz führt jedes Jahr einen internationalen missionarischen [„Global Outreach Day“] (Rausgeh-Tag) durch. Lasst uns den am 25. Mai 2019 ganz offiziell mitmachen!

  5. PP. Franziskus lädt im Oktober 2019 zu einem „außerordentlichen Missionsmonat“ ein. Da es 2019 keine Mehr!-Konferenz in Augsburg gibt, öffnet sich die Möglichkeit für einen Missions-Manifest-Kongress in etwas größerem Rahmen.
  6. Der Herder-Verlag hat Interesse an einem „Missions-Manifest-Praxisbuch“ signalisiert, an dem wir als Unterzeichner und aktive Promotoren/innen mitarbeiten können. Es geht eine eMail-Liste für Interessenten herum, die von ihrem missionarischen Engagement berichten möchten.
  7. Missionarisch Kirche zu sein ist ein Baustein der Ökumene. Auch hier steht die Aufgabe von mehr Vernetzung mit bereits existierenden Missionsinitiativen für Mission-Manifest an.

Bernhard Meuser von der [Initiative Youcat] (Herausgeber des kath. Jugend-Katechismus‘) berichtete von der Entstehung dieses Projekts und darüber, dass im Mitarbeiter/innenkreis und bei Anwendern die Idee hervorgegangen sei, etwas Ähnliches für die Kinderstufenarbeit herauszugeben. Als Überraschungsgeschenk für die Konferenzteilnehmer hatte er Erstdrucke des neuen „Youcat for Kids“ mitgebracht, der ab August 2018 auf den Büchermarkt kommt.

P. Karl Wallner bei der Zusammenfassung der Konferenzergebnisse.

Als letzter Referent hatte P. Karl Wallner OCist. (missio Österreich und Hochschule Heiligkreuz) die Aufgabe, den Konferenztag zusammenzufassen und aus den Gesprächsbeiträgen Perspektiven für die nächsten Schritte aufzuzeigen. Er führte aus, dass Jesus anscheinend nicht ohne strategische Absicht die Berufsgruppe der Fischer und Hirten als Mitarbeiter ausgesucht habe und nicht andere Handwerker: „Fischer und Hirten arbeiten auf viel Effizienz hin“. Sie arbeiten nicht bloß an einem Werkstück für ein einzelnes Ergebnis, sondern es gehe immer um viele Fische, viele Schafe und Rinder. „Wollen wir das auch, oder haben wir schon resigniert?“ fragte Wallner provozierend ins Auditorium. Überall, wo sich die Kirche aus ihrer gesellschaftlichen Umgebung zurückziehe, entstehe Ersatz, Ersatzriten („Fußball-Götter“), Ersatzreligionen („Pop-Ikonen“). 1. Tim. 2, 4 (Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen) gebe uns die Zielgruppe eindeutig vor: Alle Menschen!

Wenn die Kirche das Apostolische Glaubensbekenntnis spreche (und das tun auch die meisten Freikirchen), dann bezeichne nach der griechischen Ursprungsbedeutung das Wort „apostolisch“ eben nicht das bischöfliche Strukturelement der Kirche, sondern sei gleichzusetzen mit „missionarisch“ als dynamischem Grundauftrag aller ihrer Mitstreiter, so Wallner, und erinnerte an den unternehmerischen Slogan „Wer nicht wirbt, der stirbt!“. Die 1. These des Missions-Manifests mache zudem deutlich, dass es nicht um ein Kulturchristentum gehe: „Die Kirche ist ja weniger eine Institution oder Kulturform als eine Gemeinschaft, mit Jesus in der Mitte. Wer Jesus Christus als seinem persönlichen Herrn nachfolgt, wird andere für eine leidenschaftliche Nachfolge Jesu entzünden.“

Blick ins Konferenz-Auditorium

Wallner gibt den Teilnehmenden des Seminartags sieben Ermutigungen mit auf den Nachhauseweg:

  1. „Ich lege Euch die Fishermen-Mentalität ans Herz. Christen werben für das Beste im Leben: Die Gegenwart Christi“ (in der Gemeinschaft, im Wort, im Sakrament, im praktischen Tun).
  2. Lasst uns in den einschlägigen pastoralen Berufsgruppen und Gemeindegremien für einen ungeschminkten Realismus eintreten. Die Zahlen, aber auch die Sehnsüchte z.B. aus der Shell-Studie sprechen eine eindeutige Sprache. So, wie wir bisher gearbeitet haben, geht es nicht weiter (siehe auch EG 25 und 33).
  3. Christliche Missionarinnen und Missionare gehen voller Zuversicht und Freude ans Werk. Mit einer moralinsauren Frömmigkeit gegen die Verlorenheit dieser Welt ist keinem geholfen.
  4. Weg mit falscher Demut!
  5. Mehr Koordination, Kooperation und Vernetzung, mehr gemeinsame (konfessionsübergreifende) Kampagnen, mehr professionelle Sorgfalt auf die Schlagkräftigkeit unserer Unternehmungen. Ja, ein wesentlicher Schritt von der Vision zum Leitbild ist das Gebet, denn es geht ja nicht um unser eigenes Ding. Fasten ist eine Hilfe, Symbol für Besinnung auf das Wesentliche, das Eigentliche, im weitesten Sinne.
  6. In allen pastoralen Unternehmungen von Kirche und Gemeinde muss das Missionarische erste Prioriät gewinnen (EG 27!).
  7. Jedem und jeder, der tut, was er oder sie tun kann, wird Gott seine Gnade (Charisma) nicht verweigern.

Nach der abschließenden Eucharistiefeier (mit Texten aus den Votivmessen zum Hl. Geist) entließ P. Karl Wallner die Teilnehmer von „Meet Mission Manifest“ mit einem Sendungsgebet und besonderem Segen auf ihren Heimweg.

(Text und Fotos, wenn nicht anders angegeben: Bernd Steinfeld)
[Mein persönlicher Kommentar]

[Hier gibt es die Fotogalerie] des Bistums Passau.

Hier das Kurzvideo von Stefanie Hintermayr (Bistum Passau):

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