Gutes Haus oder weiches Herz?

Gutes Haus oder weiches Herz?

Um es gleich zu sagen: Wir brauchen beides! Ordentliche Gemeinderäume und ein Herz für unsere Mitbürger in Osnabrück. Alle Bewohner liegen Gott am Herzen. Darum betreiben wir Gemeindebau mit einer Gemeinde, deren Anfang mit einem Hauskreis wahrscheinlich vor mehr als 100 Jahren eine direkte Frucht der [„Mülheimer Erweckung“] war. Wir sind eine Gemeinde „aus lebendigen Steinen“ mit „Jesus als Eckstein“. Lediglich unseren bröselnden Beton zu sanieren, kratzt buchstäblich nur an der Oberfläche. Unser Glaube, unsere Art die Gegenwart Gottes in unserer Zeit und unserer Stadt zu feiern, und unser Engagement füreinander bedürfen genauso ständiger Erneuerung durch den Heiligen Geist!

Standard: Start mit einem Lobpreis- und Anbetungs-Block

So saßen wir dann zusammen, beim „Gemeindeforum spezial“: Ein Workshop-Tag für alle Mitglieder und Freunde. Knapp die Hälfte waren gekommen. Einige von uns hatten schon beim [K5-Leitertraining] gelernt, dass die Frage nach dem Warum unseres Engagements entscheidend ist für den Erfolg eines Unternehmens. Die übrigen W-Fragen des Entscheidungszirkels (Was – mit Wem – Wie – Womit – Wodurch – Wie teuer) machen nur Sinn, wenn allen Akteuren sonnenklar ist, worum es eigentlich geht. Was will die Andreas-Gemeinde? Wo wollen wir in 20 Jahren stehen? Jede/r war eingeladen, aus dem Stand sein Gemeindemotto aufzuschreiben. Jesus will „das Leben in Fülle“ für uns: Nicht ein Bisschen Lebensqualität, sondern soviel wie möglich, und nicht nur für ein paar Auserwählte, sondern er sendet uns zu allen. Folglich heißt meine Gemeinde-Vision: Voll das Leben für alle in Osnabrück! Wir sollten aber unsere Moderationskarte noch bis zum Schluss der ersten Seminarphase aufbewahren.

Sechs Wochen lang haben wir uns sonntags mit dem „Schatz im Acker“ beschäftigt, und sogar bei der Mitarbeiterkonferenz [ECHT! 2019] des Mülheimer Verbands hat der Hauptreferent Reto Pelli (unabgesprochen) darauf zurückgegriffen. Sollen und wollen wir als Gemeinde ein Schatz für unsere Stadt sein?

In der Schatzkiste hatten wir fünf Kleinodien gefunden:

  • Anbetung,
  • Gemeinschaft,
  • Dienst,
  • Nachfolge/Jüngerschaft,
  • Evangelisation/Mission.

In diese Schwerpunkte lässt sich unser Grundauftrag („Jünger machen“, Mt. 28, 29) entfalten, und nach diesen Arbeitsfeldern haben wir uns dann im Raum aufgestellt – jede/r nach seinem Charismenprofil (ja, das ist Vielen durchaus bewusst, weil wir regelmäßig das [Charismen-Seminar des Schulte&Gerth-Verlags] durchführen). Es war gut, das Ergebnis in Augenschein nehmen zu können: Relativ ausgewogen nach der [Gaußschen Normalverteilung], mit den Höhepunkten bei Gemeinschaft und Evangelisation.

Danach haben wir unsere Motivationsstärke geoutet und uns neu aufgestellt:

  • Endlich, endlich geht’s los und wir machen Nägel mit Köpfen!
  • Muss das jetzt sein?
  • Ist doch klar, wozu eine Gemeinde da ist!
  • Ja, aber es fällt mir eher schwer…

Punkt 2 blieb leer, bei Punkt 4 mochten sich durchaus einige zuordnen.

Der nächste Schritt war ein Schreibgespräch in kleinen 4-er-Gruppen anhand eines Fragebogens, der im Vorfeld an alle ausgegeben worden war:

  1. Woran denkst du bei dem Wort „Andreas-Gemeinde als erstes (Schlagworte)?
  2. Welche Aufgabenbereiche sind deiner Meinung nach in unserer Gemeinde unverzichtbar?
  3. Welche Personengruppe legt Gott uns in der Andreas-Gemeinde besonders ans Herz?
  4. Was hältst Du für ein besonderes Potential, für ein Charisma (eine Gnadengabe) der Andreas-Gemeinde?
  5. Siehst Du Gaben und Potentiale in der Gemeinde, die bisher nicht geborgen wurden bzw. die brachliegen?
  6. Was ist deiner Meinung nach der besondere / spezifische Auftrag Gottes der Andreas-Gemeinde?
  7. „Die Andreas-Gemeinde steht für …!“ – beende den Satz!

Für jede Frage 1-2 Gruppen. Beim Schreibgespräch wird nicht diskutiert, sondern jede/r schreibt seine Ideen nieder. Dann wird der Schreibbogen gedreht, sodass jede/r lesen kann, was der Vorherige meint. Dazu können dann Fragen und Ergänzungen notiert werden, bis der Bogen wieder beim Ersten angekommen ist und jede/r alles lesen kann. Die vier Stellungnahmen zu jeder Frage werden danach im Gruppengespräch auf drei Punkte „eingedampft“, auf drei Karten geschrieben, dem Plenum vorgestellt und an die Wand geklebt. Durch inhaltliche Überschneidungen ergeben sich dann schon weitere Schwerpunkte und „Wolken“ von Moderationskarten, die dann von 2-3 Teilnehmern nochmals den „fünf Kleinodien“ (siehe oben) zugeordnet wurden. In der Mittagspause konnten die Karten durch Punktebewertung (drei pro Teilnehmer) ein weiteres Mal gewichtet werden.

Der vorletzte Schritt bestand darin, das persönliche und aufbewahrte Gemeindemotto vom Anfang an der Moderationswand einzuordnen. Letzter Schritt: Ist uns im Verlauf vielleicht ein weiterer Punkt bewusst geworden? Haben wir in der Anbetung oder in den Gebetspausen Eindrücke, innere Bilder bekommen, die für alle interessant sein können? Hat sich mein Platz in der Gemeinde geändert? Oder fehlt vielleicht etwas ganz Entscheidendes? Auch die Präsentation solcher Gedanken sollte nicht zu kurz kommen.

Alle Ergebnisse werden demnächst vom Gemeindeleitungsteam gebündelt und mit den Bereichsleitern besprochen. Auf die Ergebnisse dürfen wir gespannt sein! Sie müssen allen Mitgliedern und Freunden kommuniziert werden. Auch die Visions- und Leitbild-AG dürfte davon profitieren. Das Missionsmotto der Andreas-Gemeinde ist vor vielen Jahren von der [Willow-Creek-Community „abgeschrieben“] worden. Das Problem: Die Andreas-Gemeinde liegt nicht in Chicago und ist beileibe keine Mega- und Multisite-Church. Wir haben also einen ganz anderen kulturellen und gesellschaftlichen Kontext. Der muss aber Grundlage sein für Gründung und Wachstum einer Gemeinde [kann man alles bei Johannes Reimer nachlesen]. Also noch einmal die Frage: Warum sind wir als Gemeinde wichtig für die Stadtgesellschaft? Außerdem sind wir ja nicht die einzigen Christen, die sich als Gemeinde formiert haben…

Was sich an diesem Samstag schon abzeichnet:

  • In der Andreas-Gemeinde Osnabrück findet sich eine breite Vielfalt an Charismen, Spiritualitäten und Engagements.
  • Die Andreas-Gemeinde ist familienorientiert. Kinder- und Jugendstufe nehmen einen großen Teil des Aktivitätsspektrums ein. Die Pfadfinder (Royal Rangers) agieren ausgesprochen missionarisch. In Kürze wird die 100-er-Marke geknackt.
  • Die Andreas-Gemeinde ist eine offene und beziehungsstarke Gemeinde.

Die Andreas-Gemeinde ist nach meiner Einschätzung aber auch eine Milieugemeinde ([nach Sinus]: Adaptiv-pragmatische Performer bei bibelorientierter Ethik- und Werte-Einstellung) mit Lehrern, Ärzten, IT-affinen Profis und entsprechendem Nachholbedarf bei denen, welche die Bibel „Arme“ nennt (und die wir mit einem [Caritas-Kaufhaus] täglich zu unmittelbaren Nachbarn haben…). Senioren machen nur einen geringen Prozentsatz der Mitglieder und Gottesdienstfeiernden aus.

Den zweiten Teil des Workshop-Tags nahmen Überlegungen zum Profil der Ausbau- oder Neubaupläne aus. Dass es nötig ist, davon waren alle Teilnehmer überzeugt – sonst hätten sie wohl auch nicht teilgenommen. Hier zeichnete sich eine Tendenz zur „großen Lösung“ ab, denn Einladungen in eine Gemeinde, die auch mittelfristig unter Beengung leidet, sind nicht sonderlich zukunftsrelevant. Dazu kommt, dass wachsende Mitgliederzahlen auch einen entsprechenden Finanzierungsrahmen ermöglichen. Die Erfahrungen der letzten Umzüge und Umbauten lehren außerdem, dass großzügige Rahmenbedingungen Wachstum nach sich ziehen. Die Andreas-Gemeinde kann also sehr optimistisch ihre Zukunft planen – sofern sie dabei nicht vergisst, ständig nach dem Willen Gottes für Osnabrück und dessen Kontextualität zu fragen. Gemeinden bilden Gottes Volk und den lebendigen Leib Christi in dieser Stadt, und der eigentliche Pastor einer christlichen Gemeinde ist Jesus. Darum ist die persönliche und lebendige Beziehung zu ihm Lebens- und Glaubensbasis und etwas anderes als das Fürwahrhalten einer Weltverbesserungs-Ideologie.

Die hohe Professionaltät dieses Workshop-Tages hat mich ein weiteres Mal begeistert. Sie gehört zum Standard im Mülheimer Verband. Jahrelange NGE-Gemeindeberatung durch [Natürliche Gemeinde-Entwicklung: Analysetools, Profilerstellung, Zielstrategie] und damit verbundenem Coaching des Gemeindeleitungsteams zahlen sich aus! Ich empfehle sie jeder Gemeinde wärmstens. Sie gehört zu den Basics für [Problemlösungen auch in den Traditionskirchen]. Für die Mut- und Strategielosigkeit ihrer Pastoralteams vor Ort habe ich keinerlei Verständnis mehr.

 

2 Comments

  1. Pingback: „leben – deuten – feiern“ – ON FIRE

  2. Pingback: Schwarz auf weiß – ON FIRE

Comments are closed.