Die Perspektive des Mülheimer Verbands nach [drei Tagen Mitarbeiterkonferenz 2023] wurde beim Abschlussgottesdienst deutlich. Präses Sam Krauter hat drei Punkte fokussiert „an denen ich mich oft stoße wenn ich sie wirklich so leben will, wie die Gemeinde sie leben sollte:
- die bedingungslose Annahme: Jede ist willkommen,
- die radikale Gnade, die unfair alles gleich macht, und
- die transformatorische Kraft, die mich herausfordert und gleichzeitig in mir die Energie entfaltet, ein heiliges und gottgefälliges Leben zu leben.
Das ist „einfach Gemeinde“, ob ich das nun toll finde oder nicht, ob ich damit übereinstimme oder nicht, ob ich das liebe, oder mich davon herausgefordert fühle, oder nicht.“
Jede und jeder ist in einer Mülheimer Verbandsgemeinde willkommen! Damit das auch jede und jeder versteht, hat Sam Krauter das ausführlich illustriert, so ausführlich, dass seine Aufzählung Heiterkeit in der Gottesdienstversammlung auslöste: „Damit ist jede Meinung, jede Frau herzlich bei uns willkommen, egal ob du Kind bist, oder Erwachsener, Jugendliche, oder kurz vorm Ableben – du bist herzlich willkommen, und wir nehmen dich bedingungslos an, so wie du bist!
Meine Lieben, wenn es darum geht, irgendwie Multikulti oder Diversität, und Integration, nicht einfach nur zu akzeptieren sondern zu fördern und zu feiern, dann ist Gemeinde Jesu das Non-plus-Ultra.
Gemeinde ist die größte Diversitätsfeier, und die beste Inklusionsveranstaltung, die es auf dieser Erde gibt! Unterschiede und Vielfalt werden als Selbstverständlichkeit angesehen. Ja genau, das ist Gemeinde.
So, wie du bist. Du musst dich nicht verändern. So wie du bist, bist Du herzlich willkommen. Jeder darf kommen. Jeder ist herzlich eingeladen – völlig egal, welchen Hintergrund du hast, völlig egal, welche Vergangenheit, welche Hautfarbe, welches Alter. Wirklich jeder? Ja! Wirklich jeder, egal, ob Junge oder Alte, Büroangestellte, Verheiratete, Bienenzüchter, Menschen mit Migrationshintergrund, Schwule oder Lesben, Großgrundbesitzer, Menschen mit Behinderung, Veganer, Buddhisten oder Atheisten, Verlierer, AFD-Wähler, Fußballliebhaber, Pädophile, Schwarze, Briefmarkensammler, Familien, Sozialschwache, Streitsüchtige, Obdachlose, Sexualverbrecher, Terroristen, Mercedes-Fahrer, Homophobe, Selbstständige, alte weiße Männer, Bahnticket100-Haber, Neonazis, Impfbefürworter, Arbeitslose, Klimaschützer, Urdeutsche, Millionäre, Drogenabhängige, Holocaustleugner, Satanisten, Otto-Normalverbraucher, Kunstschaffende, Ausländer, Queere, Fleischesser, Krankheitsgezeichnete, Zweifler, Kriminelle, Non-Binäre, Transgender, Besserwisser, Duschverweigerer, Schwäbische, Deutsch-Australier (Sam Krauter meint sich selber), und sogar, (auch wenn mir das wirklich schwer fällt) KSC-Fans. Alle heißt tatsächlich: Alle! Und ich weiß nicht genau, wie es dir ging, als ich jetzt diese Liste von Beispiel-Menschen vorgelesen hab…Würden wir auf die mit offenen Armen zugehen und sagen: „Schön, dass du da bist, ich freu mich so sehr!“…Von Gott her, und von der Gemeinde her, ist die Antwort klar: Ja! Ja! Ja!“
Eine solche Gemeinde, als Leib Christi, sei anstößig, so der Präses des Mülheimer Verbands. Anstößig innerhalb der Christenheit und innerhalb der Gesellschaft. Auch innerhalb der Gemeinden, denn wenn alle willkommen sind heiße das noch lange nicht, dass wir auch alle mögen. Uns seien doch diejenigen als Glaubensgeschwister am liebsten, die so gestrickt seien wie wir. Daher seien wir doch zufrieden, wenn eben nicht alle kämen. „Im Blick aus Gottes Gnade sind wir alle gleich.“ Die radikale Gnade Gottes sei radikal unfair.
Mülheimer Gemeinden dürfen vielfältig sein, in jeglicher Hinsicht – auch hinsichtlich der Thesen Sam Krauters. Sie heben sich damit wohltuend von evangelikaler Enge ab. Die These von der Transformation (Bekehrung) gilt nicht nur für Einzelne, sondern auch für Gemeinden und ihre Gruppen. Immer wieder neu! Bei jeder Evaluation! Besonders unter den Rahmenbedingungen gesellschaftlichen Wandels. Es gilt, die Zeichen der Zeit in ihrer wachsenden Komplexität zu erkennen, sensibel für den Kairos zu sein (wo die Gegenwart des Geistes Gottes gefordert ist und verdichtet zur Entfaltung kommen will), und dann aber auch mutig zu handeln und Entscheidungen zu treffen. Als der Geist Gottes das Haus des Cornelius erfüllte (Apg. 10, 9-48), waren die Anwesenden noch nicht einmal getauft. Die Gnade kam bedingungslos zur Wirkung.
Mein Fazit: Manchmal müssen wir als Christen erst noch die Trampelpfade in die Zukunft freitreten, auf denen Jesus uns schon voraus ist. Das gilt proaktiv auch für Freikirchen, Gemeinden und ihre Leitungen!
Pingback: ECHT! 2023 – ON FIRE