[Angefangen zu bloggen] habe ich nach dem Ende meiner Berufstätigkeit mit 65 Jahren als Gemeindereferent im Bistum Osnabrück. Das für die Zeit danach lange geplante Ehrenamt kam zwar nicht zustande, aber ich kann den Verantwortlichen im Nachhinein nur dankbar sein – eröffneten sich doch Horizonte, die ich nie zuvor überhaupt nur für möglich erachtet hätte und die meine Freunde „total krass“ finden. Den Lebensweg mit Jesus zu gehen ist „sich in das große Abenteuer Gott fallen zu lassen“ [Johannes Prassek], das auch im 3rd-Life total spannend ist und in dem ich immer wieder neue Erfahrungen machen darf mit dem Wirken des Heiligen Geistes: in meinem Leben, in meiner Umgebung, in der Kirche Gottes und weltweit. Darum gibt es trotz Enttäuschungen nicht den geringsten Anlass zur Verbitterung!
Das Lebensalter schenkt die Gnade, in der Rückschau die „dicken Knoten“ des roten Fadens zu entdecken, den Gott auf den Lebensweg gelegt hat. Wozu das alles gut gewesen ist, lässt sich erst im Nachhinein entdecken. Nur einige der geistlichen Erfahrungen, die mich geprägt haben: Schon in Kindheitstagen die Liebe zur katholischen Liturgie (auch in ihrer byzantinisch-slawischen Variante), in Jugendjahren Kontakte und Kurzzeit-Präsenzen bei den Kleinen Brüdern im Duisburger Gleisdreieck und auf St. Pauli in Hamburg, im Theologiestudium die Revolutionszeit nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, viele Fahrten zur Ökumenischen Brüdergemeinschaft nach Taizé in Burgund, Eheschließung und Kindererziehung in enger Beziehung zur Benediktinerinnen-Abtei Varensell bei Gütersloh mit deren Angeboten für Familien, aktive Mitarbeit in der entstehenden Charismatischen Gemeinde-Erneuerung der Bistümer Münster und Paderborn, und Suche nach deren Ursprüngen in der weltweiten Pfingstbewegung. Im pastoralen Dienst erste ökumenische Fokussierung auf die Kirche(n) meiner Stadt Osnabrück durch praktische Mitarbeit am regionalen Ökumenischen Kirchentag 1998 anlässlich der 350-Jahrfeier des Westfälischen Friedens mit seinem [„Osnabrücker Wort zur Ökumene“], das bis heute Maßstäbe setzt und noch viel „Luft nach oben“ hat. Zum Ende ein paar Jahre Leitung der Notfallseelsorge in Personalunion sowohl des kath. Dekanates, als auch des ev.-luth. Kirchenkreises Osnabrück-Süd (Melle-Georgsmarienhütte) mit vielen Begegnungen und Konferenzen hin und her, für deren Unkompliziertheit ich sehr dankbar bin.
Und jetzt? Seit meiner [Neubekehrung 2014], angeregt durch Nr. 3 der Programmschrift [„Evangelii Gaudium“] von PP. Franziskus, verläuft mein geistlicher Weg noch viel gedrängter. Horizonte, die spannende Ausblicke schenken. Perspektiven, auf die ich mich ohne Mut nicht einlassen könnte. Schritte, die Entschlusskraft verlangen. Offene Türen, die darauf warten, nicht länger vor ihnen herumzueiern – im [Zeitraffer] sind die einzelnen Etappen markiert.
„Meine“ Losung aus 2. Tim. 1 ist mir im Leben oft begegnet, und überraschenderweise war Vers 7 die Jahreslosung meines Geburtsjahres 1949:
6 Darum rufe ich dir ins Gedächtnis: Entfache die Gnade Gottes wieder, die dir durch die Auflegung meiner Hände zuteil geworden ist!
7 Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.
8a Schäme dich also nicht des Zeugnisses für unseren Herrn!
Meine [fünffältige Berufung] hat sich in diesen zehn Jahren entwickelt und gefestigt: Brücken bauen – Türen öffnen – Räume schaffen – Beziehungen knüpfen – Horizonte weiten. Sie wird auf drei Arbeitsfeldern wirksam:
- Ich will [Gebet in meiner Stadt] koordinieren; ich kann mich sowohl beim charismatischen Lobpreis sportlich verausgaben, als auch zur Ruhe kommen und im Chorgestühl eines Klosters die Tagzeitenliturgie mitfeiern, oder einfach nur vor Gott schweigen. Das alles ist mir nicht fremd;
- nach dem Corona-Shutdown entstehen neue, auch [digitale Gemeindeformate]. Konfessionsgrenzen sind keine unüberwindlichen Hürden mehr. Wir könnten eigentlich gut vorbereitet sein auf die „neuen Schläuche“, in die neuer Wein gehört. Aber was fehlt? Welche Kompetenzen müssen wir entwickeln, die in Unternehmens-Strategien längst zum Standard gehören? Multikonfessionelle Kleine Christliche Gemeinschaften (auch zu zweit oder dritt!) lösen die Mainstreampastoral ab, die sich felsenfest innovationsresistent zeigt. Damit kommt auch die hierarchische Ämterstruktur einer Kirche an ihr Ende. Leitung in der Postmoderne geschieht in Teams, schlank, agil und entscheidungskompetent, die zielorientiert und evaluationsfreudig arbeiten. Nicht nur unsere Konfessionen, auch das herkömmliche Format Gemeinde müssen auf den Prüfstand, denn nur einmütig sind Gläubige in der Zukunftsgesellschaft noch glaubwürdig;
- mit Erreichen des Dreivierteljahrhunderts meiner Lebenszeit auf dieser schönen Erde muss ich etwas „kürzer treten“ und regelmäßige Termine abbauen, um gesundheitlich mental und körperlich fit zu bleiben. Mein [Hobby Fahrradfahren (solange wie möglich Muskelbike!)] kommt mir dabei sehr zu Hilfe. Aber trotzdem kommen neue Herausforderungen: Die beängstigende Zunahme von Neonazis besonders unter jungen Menschen (gem. Analyse der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen 2024), „Hoffnungsorte“ in unseren Stadtteilen und Dörfern angesichts der globalen Entwicklungen mit immer mehr Kriegen, konkret: „Prayer-Spaces“ an den Arbeits- und Begegnungsorten der Gesellschaft, wo Menschen „sowieso“ zusammenkommen. Gott liebt es, Menschen mitten im Business (Mose u.a.) herauszurufen, und genauso hat Jesus es am See Genezareth auch gemacht.
Das zu bewältigen ist nur auf der Basis einer ganzheitlichen Beheimatung in einer Gemeinde möglich, in der [Austausch über Lebens- und Glaubensfragen] gepflegt wird und in der helfendes Gebet zum Standard gehört. In einer evangeliumsorientert-charismatischen Gemeinde mitzuarbeiten, gestaltete sich für mich wie der Eintritt in eine geistliche Gemeinschaft mit den traditionellen Stufen (Postulat [Ostergarten], Noviziat [Voluntariatspraktikum], zeitliche Profess [Training-on-the-Job], „ewige Profess“ am 23.06.2019 als [vollständige Bindung an Jesus] und dieses lokale Bodenpersonal mit all seinen Stärken und Schwächen).
Missionar zu sein auf den Arbeitsfeldern in meiner Stadt von der Basisstation einer freikirchlichen Gemeinde des [Mülheimer Verbands] aus ist auch darum ein Abenteuer, weil die „kirchliche DNA“ (PP. Franziskus in seinem [„Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“] – zu dem ja beileibe nicht nur Katholiken gehören!), also die Grundidentität auch der katholischen Kirche, in freikirchlichen Gemeinden intensiver und effizienter gelebt wird, solange der deutsche Katholizismus und der Kulturprotestantismus noch mit sich selber beschäftigt sind. Und das wird noch dauern! Zeit, die mir als High-Ager nicht mehr vergönnt ist.
Die provokante These meines 3-rd Life lautet: Evangelisierung ist im deutschen Katholizismus nur in homöopathischen Dosen möglich – die Sakramentalität der Kirche wird in Freikirchen, bes. der weltweiten Pfingstbewegung, nicht nur gelehrt, sondern gelebt!
[Einen Begründungsversuch meiner ekklesiologischen Positionierung] habe ich anlässlich des Papstschreibens an die Kirche in Deutschland vom 29.06.2019 in meinem Blog – vor der Corona-Krise – unternommen. Im Nachhinein ist das keine „nette Vision eines aufmüpfigen Katholiken“: Der kirchlich weltweite (!) Corona-Shutdown zwingt uns geradezu dazu, unser „Wozu und Warum“ neu zu definieren, und danach das „Was“, „Wie“ und „Wer mit wem“ anzupacken. Wer das mit der Kirche von gestern machen möchte, hat jetzt schon verloren!