Zeit für Reformation (1)

Zeit für Reformation (1)

„Reformation braucht Zeit“ meinte der [Gewinner des Osnabrücker Preacher-Slams] vom Herbst 2016 in seiner Predigt in unserer Gemeinde. Klar, Bekehrung und alles was damit zusammenhängt ist ein Wachstumsprozess. Aber was ist, wenn ich „den Kairos“ verpasse? – also den richtigen Moment, um eine Entscheidung zu treffen, oder eine Verantwortung zu übernehmen, oder ein Engagement einzugehen?

„Wach auf, der Du schläfst, und erhebe Dich von den Toten, so wird Christus Dir als Licht aufstrahlen“,

lese ich in Eph. 5, 14. Warten zu können, Geduld zu haben, kann auch als Schuss nach hinten losgehen …

Seit einiger Zeit befasst sich der Kirchenbote des Bistums Osnabrück in lockerer Folge mit der Zukunftsfähigkeit der katholischen Kirche. Ein absolut aktuelles, wichtiges und, wie ich finde, für eine offizielle Kirchenzeitung mutiges Unterfangen! Viele Erfahrungen, die ich in den vergangenen zwei Jahren gemacht habe, sehe ich bestätigt. Rückbau oder gar Entsorgung von Kirchen und Gemeinden in Deutschland steht in krassem Widerspruch zum Auftrag, der allen Kirchen von ihrem Herrn anvertraut ist.

[Ein Jahr lang war ich Volunteer] in einer freikirchlichen Gemeinde des Mülheimer Verbands, der „Mutter der Pfingstbewegung“ in Deutschland. Dieser kleine Gemeindeverband stand in den 80-er Jahren kurz vor dem Aus. Wie er (ohne Kirchensteuern…) aus dieser Talsohle herausgekommen ist, davon könnte der jetzige Präses Ekkehart Vetter vor der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz einiges erzählen, wenn sie ihn mal einladen würde! Jetzt arbeite ich als „Trainee On The Job“ weiter mit, weil in meiner Stadt auf absehbare Zeit keine traditionelle Gemeinde in Sicht ist, die konsequent neue Wege gehen will. Das Modell [„Kirche der Beteiligung“] des Bistums wird nur an einem Ort am Stadtrand und auch nicht durchgängig in deren neuer Mega-Pfarrei durchgeführt. „Mixed economy“ heißt die Strategie der Bischöfl. Pastoralabteilung. Erneuerungsresistente Gemeinden in Ruhe sterben lassen, und dann aber dafür… ja was? „Church planting“! Etwa [neue Gemeinden gründen? In der kath. Kirche]? Die Gemeinde [„Kleine Kirche“] in Osnabrück gibt es schon seit über 30 Jahren. Sie taugt durchaus als Modellprojekt. Warum soll es nur eine in unserer Stadt geben?

Während in den Pfarrgemeinderäten auf hohem Niveau gejammert wird, entsteht eine neue Gemeinde:

Pionier ist der oben erwähnte Pastor, der sein junges Team über die Facebook-Gruppe „Neu in Osnabrück“ gesammelt hat – Mitte Zwanzig, frisch von der Theol. Hochschule der Freien Evangelischen Gemeinden und noch ohne Gemeindeleitungs-Erfahrung. Eine faszinierende Aufbauarbeit, unkonventionell, modern und vor allem sehr professionell! Von den Gemeindegründungs-Methoden [„Gemeinde³“] der FEG können wir viel lernen – wir müssen katholischerseits das Rad nicht immer selber neu erfinden. Das sollten auch die „Kath. Arbeitsstelle für Missionarische Pastoral“ [K.A.M.P.] in Erfurt und die charismatischen Erneuerungsbewegungen in den (noch…) großen Konfessionen in noch viel stärkerem Maße als bisher wahrnehmen und umsetzen. Im Reformationsjahr 2017 rücken die Kirchenleitungen mit dem Bischof von Rom zusammen und rufen zu [gemeinsamer Evangelisierung] auf: Eine neue Phase der Ökumene, die auf der Mittleren Ebene und auf Gemeindeebene noch ankommen muss – da gibt es noch viel zu tun!

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Mein neben der Bibel am meisten zerlesenes und schon mehrfach zusammengeklebtes theologisches Buch.

Dass sich dagegen auch Widerstände regen, sehe ich an der Tatsache, dass in der konfessionsübergreifenden „Koalition für Evangelisation“ mit ihrem Kongress [„Dynamissio“] Ende März 2017 in Berlin weder die Kath. Kirche Deutschlands, noch die Charismatische Erneuerung mitmachen. Auch beim Willow-Creek-Leitungskongress sind Katholiken noch eine „kleine radikale Minderheit“. Diese Situation ist bezeichnend auch für die mannigfaltigen Netzwerke, die sich mittlerweile mit Gemeindeaufbau und -wachstum befassen. Eine Auswahl gibt es links in der Netzwerk-Liste. Dabei könnten die multikonfessionellen Synergieeffekte einer progressiven Kooperation viel bewirken! Dass zu den „Werkzeugen des Heiles“ im Ökumene-Dekret auch die Freikirchen gehören, haben die Konzilsväter doch schon vor 50 Jahren festgestellt [UR 3+4] . Das Wirken des Heiligen Geistes steht über allen Dogmen, Sakraments- und Amtsverständnissen, und daher darf ich meinen Weg in der mir noch verbleibenden Zeit sehr gelassen gehen.

Es gibt keinen echten Ökumenismus ohne innere Bekehrung. (UR 7)

[So war es bei mir.] Ob es in der kath. Kirche Deutschlands „wirklich so düster aussieht“, wie der Kirchenbote auf der Titelseite der Nr. 6/12.02.2017 fragt, liegt daran, ob man über das Halbdunkel der Strukturprobleme räsoniert oder sich über die schon aufkommende Helligkeit einer persönlichen Beziehung zu Jesus freut, gerade wenn sie hinter dem eigenen Konfessions-Horizont aufstrahlt. Beim [Frühling der Kirche] – der gesamten Kirche, versteht sich, arbeite ich gerne mit!

Welche Konsequenzen das hat, erläutere ich im übernächsten Blog.