„Eigentlich“ der Ostermarsch 2022. Veranstalter ist die „Osnabrücker Friedens-Initiative (Ofri)“ – überparteilich, aber rüstungskritisch und [von der Friedensstadt gefördert].
15 Teilnehmende wollten klimaaktiv in die Nachbargemeinde Hasbergen radeln, um Bürgermeister Adrian Schäfer (SPD) zum Mitmachen bei den internationalen [„Mayors for peace“] zu gewinnen und den Gemeinderat zur Unterschrift unter den [Atomwaffen-Verbotsvertrag] zu bewegen, was Deutschland bisher nicht geschafft hat. Über 50 Friedensradler/innen waren es letztlich, die verabschiedet von der stellv. Bürgermeisterin Birgit Strangmann (Grüne) mit polizeilicher Genehmigung im Pulk die Lengericher Landstraße einnehmen durften. „Hallo Niedersachsen“ (NDR) hat [einen TV-Bericht] erstellt (50 sec.).
Am Ziel wurden wir freundlich mit Getränken empfangen. Bgm. Schäfer wies auf die solidarischen Hilfen der Hasbergener Einwohner für die Ukraine hin und trat den „Bürgermeistern für den Frieden“ bei. Das Atomwaffenverbot wird im Gemeinderat diskutiert werden. Pastor Guido Schwegmann-Beisel sprach ein Grußwort und schloss sich den Forderungen der Ofri an. Auch die Leiter des [„Friedensortes Osnabrück“] der ev.-luth. Landeskirche Meike Jacobs und Matthias Binder waren mit von der Partie und luden zur Unterschrift unter die Friedenspetition des weltweiten [Ökumenischen Rates der Kirchen] ein.
Die lokalpolitische und kirchliche Präsenz machte aus diesem Osnabrücker Oster„marsch“ 2022 etwas besonderes, das sich wohltuend von Einseitigkeiten und Schablonendenken vergangener Ostermärsche und anderer Städte (z.B. Berlin, Hamburg) abhob.
Dennoch ist der Slogan „Frieden schaffen ohne Waffen“ schwierig für mich geworden. Die Ablehnung der Aufrüstung der Bundeswehr mag ja erst einmal eine logische Konsequenz aktiver Friedenspolitik sein. Was mögen wohl Betroffene davon halten, die gerade ihre Liebsten im Krieg verloren haben? Aber wenn die Gegenseite (Putin) Verhandlungsdiplomatie ablehnt und (vorhersehbar!) einen Krieg vom Zaun bricht, soll man dann aus Feindesliebe (Mt. 5, 44) „die andere Backe hinhalten“ (Mt. 5, 39)? Ist in der Bergpredigt Jesu internationale Politik gemeint? Sicher geht es erst einmal um Konflikte im persönlichen Umfeld. Auch das wurde in den kurzen Ansprachen zum Osnabrücker Ostermarsch erwähnt: Die zunehmende Aggressivität in unseren gesellschaftlichen Auseinandersetzungen und in den sozialen Medien. Frieden im Großen fängt im Kleinen an, fängt bei mir an und bei Dir. Die misslungenen Ostermärsche in Dortmund mit Prügeleien oder Flensburg mit gegenseitigen Anfeindungen zeigen dies für mich unmissverständlich.
Politisch ist radikaler Pazifismus für mich zumindestens im Moment keine Option. Viel mehr als das Gleichgewicht des Schreckens bekommen wir als Menschheit offensichtlich nicht hin. Dass Friedensfreunde und -freundinnen sich damit nicht zufrieden geben, beeindruckt mich und lässt mich auch mit „Linken“ kooperieren. Die jüdische und christliche Perspektive des Gottesfriedens will gesucht werden – ja, wir sollen ihr „nachjagen“ (Ps. 34, 15). Im Koran kommt „Frieden“ 42 Mal vor. Die Sure 19:32 zitiert ein nicht biblisch überliefertes Jesuswort zu Glück und Gewaltlosigkeit.
Aufgefallen ist mir noch, dass die katholische Seite weder vom Dekanat oder der Pfarrei St. Elisabeth, noch von der örtlichen Kirchengemeinde vertreten wurde (wenngleich vielleicht Mitglieder anwesend waren – aber warum hatten sie kein Mandat?). Für mich wird damit einmal mehr die Zunahme gesellschaftlicher Bedeutungslosigkeit der Strukturen dieser Glaubensvariante deutlich.
„Es ist Karfreitag in Europa“ schrieben die Nordostdeutschen kath. Kirchenzeitungen angesichts des Krieges zu Beginn der Karwoche. Ja, und das Osterfest mit seiner Botschaft bekommt damit eine allumfassende und eben auch politische Brisanz, die uns wieder neu zu Bewusstsein kommen muss: Gott ist ein unbedingter Freund des Lebens! – für alle. An allen Fronten. Das ist auch mein persönliches Ostern 2022.