Die größte Fußwallfahrt Deutschlands ist schon lange keine ausschließlich katholische Veranstaltung mehr. Von [Osnabrück nach Telgte] geht es samstags 42 km hin und sonntags zurück. Die Bundesstraße 51 wird für die 11.000 Pilger abschnittsweise voll gesperrt. Viele junge Leute stellen sich dieser sportlichen Herausforderung („Telgter Wallfahrtsschritt“). Viele Ältere und Kindergruppen gehen Teilstrecken. Seit drei Jahren gibt es auch eine [Fahrradtruppe]. Das traue ich mir fitnessmäßig zu. An den Kirchen und Klausen unterwegs machen wir Station. Leute vom Malteser Hilfsdienst und vom ADFC halten geistliche Impulse. Zur Mittagspause in Ostbevern erreichen wir die Fußpilger, und nachmittags beim Einzug unter Glockengeläut in Telgte säumen 1.000 Touristen die Straßen und begrüßen alle. [Fahrradstrecke ab Bad Iburg]
Es ist das Erlebnis, gemeinsam auf dem Weg zu sein, das die meisten motiviert, die Strapazen auf sich zu nehmen. Die Fahrradwallfahrt hat nicht so eine geballte Ladung Marienverehrung wie die Fußwallfahrt, da wir unterwegs während des Fahrens nicht beten, höchstens jede/r still für sich. Darum ist das Anhalten an den Unterwegs-Stationen wichtig zum „geistlichen Atemholen“. Das diesjährige Motto lautet: „Habt Vertrauen, fürchtet Euch nicht!“ (Mt. 14, 27) Jesus ruft es seinen ängstlichen Freunden zu, die ihn über das Wasser laufend kommen sehen.
Es ist gut, dass die Telgter Wallfahrt Jesus ins Zentrum rückt. So kann ich mich am Ziel auch einreihen in die lange Schlange der Pilger, die mit ihren vielfältigen Gebetsanliegen in der großen Wallfahrtskirche vor die spätgotische Pietà hintreten und Jesus symbolisch berühren. Ich bringe die drei Taufbewerber des morgigen Sonntags und die Kanditaten/innen für die Wahl der neuen Gemeindeleitung virtuell zu Jesus. Ich feiere die Eucharistie der Telgter Pfarrgemeinde mit, statt der Abendandacht, denn die traditionellen Gebete und Lieder der Marienmystik sind mir inhaltlich zu fragwürdig. Die alten Leute können sie noch auswendig. Ein nachkonziliares Update des Wallfahrtsbuches (mindestens auf Gotteslob-Niveau) wäre ein lohnenswertes Projekt. Das Durchschnittsalter der Pilger liegt ja nicht im Seniorenbereich…
Morgen ist Taufe! Darum schlafe ich nicht wie sonst im Massenquartier des Rochus-Spitals (mit Duschen und Schwimmbad!), sondern fahre noch am Abend 9 km weiter zum Bahnhof Westbevern und mit der Westfalenbahn wieder zurück nach Hause.
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