Das „Jahr des Zu-Atem-Kommens“ für das Bistum Osnabrück geht zu Ende. Aus der Besinnung auf das Wesentliche des kirchlichen Lebens sollten nun Strategien und Pläne entstehen, und zwar nicht als oberflächliche Strukturänderung, sondern als [in die Tiefe gehende] Bekehrung der Einzelnen, der Gemeinden und Regionen. [Kirche der Beteiligung] ist auf den Weg gebracht. Dass dies vordringlich geistlich-charismatische Entwicklungen sind, kann nicht oft genug betont werden [z.B. hier unter den Punkten 5 und 11]!
Da ist es gut, das Jahresmotto aus 2. Mos./Ex. 23, 12 noch einmal in seinem Zusammenhang zu sehen und zu hören. Drei Stunden Lesung mit einem Profi-Lektor, Musik mit dem [Osnabrücker Jugendchor] und Gebet mit Bischof Franz-Josef Bode und seinem Team. Gott begegnen in seinem Wort. Sich berühren lassen durch Hören und innerliches Antworten. (Ja, „das Wort wir wollen lassen stahn“, Martin Luther in EGB 362, 4) Wieder einen Moment Gänsehaut, als Kap. 3, gelesen wird. Gott trifft Mose mitten in seinem Berufsalltag am Arbeitsplatz. [„Und jetzt geh!“ (V. 10) – „Da wo Du stehst, ist heiliger Boden“ (V. 5)] In dieser Reihenfolge ist mein Jahr als Volunteer bzw. Kundschafter zu Ende gegangen. Nun hat auch für mich die Praxisphase begonnen. Es geht ums Heute – Aggiornamento, Verheutigung, um Gottes Handeln in der Gegenwart zu bezeugen (nichts anderes meint „Sakrament“) damit wir in der Kraft seines Geistes die Zukunft für das Reich Gottes vorbereiten und gestalten. Das ist keine Museumspflege, sondern bürgerschaftliches Engagement (z.B. „Ich war fremd, und Ihr habt mich aufgenommen“, Mt. 25, 43, die neue Inschrift an der Bischöflichen Kanzlei in Osnabrück Richtung City).
Mein musikalisches Highlight dieses Abends im Dom ist einmal mehr „The Works Of the Lord“ von Leland B. Sateren (1913–2007) mit seiner unaufhaltsamen Expressivität in der Beschreibung, wie Gott Frieden und Gerechtigkeit auf der Erde aufrichtet. Kein einlullendes Frommsein, sondern erschreckendes Zerstörungswerk an den Waffenlagern dieser Welt.
Überhaupt bin ich von der Art und Weise begeistert, wie Gott sein Volk aus Sklaverei und Abhängigkeit befreit und immer wieder um Vertrauen buhlt. Das Hin und Her um die zehn Weisungen und der Tanz ums Goldene Kalb kommen mir aktueller denn je vor. Im Kontrast zum aktiven Handeln Gottes steht dagegen die Errichtung der Stiftshütte als Ort, wo das Volk Gott begegnen darf. Immerhin ist sie ja [nicht ganz stabil], sondern wird auf der Wanderung durch die Wüste immer wieder ab- und aufgebaut. Die Banalität des Alltags wird in der Feier des Sabbats und der übrigen Jahresfeste zwar durchbrochen und neu ausgerichtet auf Gott, aber er wird damit auch aus dem Alltag und der Berufswelt zurückgedrängt – ein Problem, das Liturgien und Gottesdienste bis heute begleitet.
Zu akademisch-abgehoben sind mir die Texte von Huub Oosterhuis und Georg Steins. Die Gebete hätten Bischof Bode und sein Team besser selbst formulieren sollen. Ich weiß, dass sie in der Lage sind, so bodenständig zu beten, dass ihre Worte auch von einer Gemeinde mitvollzogen werden können. Es war einfach nicht ihre Sprache. So wirkte das Beten doch sehr aufgesetzt, unecht und unpersönlich. Nun gut, unser eigenes Herzensgebet war damit ja nicht abgeschaltet. Zum reinen Konsumieren gehe ich ja auch sonst nicht in Gottesdienste.
Wie geht es nun weiter mit der katholischen Version der Kirche Gottes in Osnabrück? Die Vorsitzende des Katholikenrates (dem neben dem hierarchischen Teil der synodale der Kirchenstruktur in Deutschland), Katharina Abeln, ist neu bewusst geworden, dass das Gebet und der Heilige Geist zentral sind für ihr geistliches Leben. „Ich habe gelernt, dass es guttut, gemeinsam zu beten und den Glauben zu teilen. – Viele Menschen haben gemerkt, dass sie weiterkommen, wenn sie sich vom Geist beschenken lassen. Da habe ich die Hoffnung, dass es in vielen Gemeinden einen Aufbruch gibt.“ (Kirchenbote Nr. 33 S. 9) Entscheidend sei der „Doppelpunkt“ nach einem solchen Jahr. Nach meiner Einschätzung reicht die Hoffnung allein nicht. Ein Aufbruch (in Freikirchen nennt man das „Erweckung“…) braucht Strategien und Anpacker/innen. „Wir dürfen über solche Ideen nicht nur reden, wir müssen sie einfach mal umsetzen,“ sagt Abeln. Ich habe den Eindruck, dass Gremien und vor allem Hauptamtliche es alles andere als „einfach“ empfinden und es sich selber unnötig schwer machen.
Glaubensgrundkurse wie den [Alphakurs] findet man in Osnabrück nur in den freikirchlichen Gemeinden, obwohl die Deutsche Bischofskonferenz in der Person von Weihbischof Karlheinz Diez (Fulda) eigens einen Beauftragten für Alphakurse hat. Auch das [D.I.E.N.S.T.- Seminar], wo es um das Charismen-Profil für Mitarbeiter geht, wird nur im freikirchlichen Sektor Osnabrücks durchgeführt, obwohl es seit einem Jahrzehnt im Nachbarbistum Hildesheim zur Standard-Weiterbildung für Pfarrgemeinderäte gehört. Mitarbeiterschulung auf Gemeindeebene für Leitungsverantwortliche ist noch Zukunftsmusik, obwohl im Erzbistum Wien das freikirchliche Werk „Jugend mit einer Mission“ mit seiner [Gemeinschaft „Kerygma“] ganz offiziell im Auftrag von Kardinal Christoph Schönborn junge Leute ausbildet. Zeitlich genau passend für mein „Training on the job“, sprich: verbindliche Mitarbeit in (m)einer Gemeinde, kommt da der geplante Mitarbeiter-Ermutigungstag „zum Auftanken neuer geistlicher Schubkraft“ mit Hans-Peter Pache, Pastor aus Berlin und stellv. Präses des Mülheimer Verbands. Es wäre doch ein horizonterweiterndes Zeichen, wenn Bistum oder Stadtdekanat einen Beobachter entsenden würden, um Verlauf und Konzept kennen zu lernen? Das Rad muss doch nicht immer neu erfunden werden… Aber davon berichte ich dann in einem meiner nächsten Blogs.