Praise & Worship

Praise & Worship

[Johannes Falk bloggt kritisch über Praise & Worship-Musik].

Dass zeitgemäße Liturgien ordentliche Bands brauchen, gehört zu meinen gottesdienstlichen Basics. Musik muss nicht wie an der Orgel von nur einer Person gemacht werden. Hochakademisierte Klänge schaffen ein oft viel zu sprödes Gegenüber, statt mich anzusprechen und mitzunehmen. Mittelalter und Zwölftonmusik gleichermaßen machen Liturgie zum Museum. Aber wenn Praise & Worship wirklich hoch kommerzialisiert wird, muss ich Jo Falk beipflichten. Hillsong klingt immer gleich. Ist das bei Bach auch so? Hmmm…

Als die Corona-Maßnahmen griffen, haben die Musiker meiner Gemeinde jedenfalls keine Pause eingelegt. Wir haben [von Anfang an unser volles liturgisches Programm] durchgezogen, nun halt auch als Livestream. (Das wird auch so bleiben.)

Ich mag diesen Kirchenmusik-Stil, den die großkirchlichen Musiker/innen geflissentlich ignorieren. Bei extra damit gestalteten Events kann ich das durchaus auch sportlich nehmen. Im Chorgestühl eines Klosters gregorianisch zu singen mag ich auch. An Pfingsten im Jahr 1967 bin ich beim Hallelujavers „Veni Sancte Spiritus“ einmal in Exstase geraten, während einer Tour unserer Choralschola. Da hatte ich noch Null Ahnung von „charismatischer Erneuerung“. Es war das Jahr, in dem sie in die kath. Kirche der USA hinübergeschwappt war.

Dieses Gefühl des Außer-Mir-Seins habe ich beim Lobpreis nicht. Ich will mich auch nicht gänzlich wegtragen lassen. Ich will „mich zusammennehmen“, meine Emotionen konzentrieren, auf Gott. Oft frage ich mich bei Events, ob hier wirklich Gott gepriesen wird, oder ob nicht die Versammlung sich selber lobpreist: Wie toll sie doch ist, wie gut die Band spielt, wie „fett“ die Emotionen rüberkommen, wie nett wir doch alle zueinander sind… Lobpreis als Konsumartikel für meine spirituelle Wellness!? Das ist nicht der Sinn des Gloria in der Liturgie.

Nicht nur bei Chorälen aus dem 19. Jhdt., auch bei Praise & Worship bleiben mir die Texte manchmal im Hals stecken. Manche Übersetzungen sind dürftig, oder lassen einen Schluss auf die Dürftigkeit der Urtexte zu. Mit Christkönigs-Mystik und Thronjubel kann ich nicht viel anfangen – vielleicht mag es für Amerikaner/innen eine gewisse republikanische Faszination beinhalten. Ich weiß, dass Christus nicht „hoch oben steht“, sondern „hier unten“ sein will, „mitten in all dem Staub der Welt“, wie Lothar Kosse besser singen sollte.

Meine „Gänsehaut-Hitliste“: gregorianisch wie oben gesagt der Hallelujavers der Pfingstliturgie, der [Choral „Jesus lebt, mit ihm auch ich“] (Gellert/Crüger) – am liebsten mit Posaunenchor, [„Schönster Herr Jesus“] in seiner schlesischen Melodie, „Der Geist des Herrn erfüllt das All mit Sturm und Feuersgluten“ (M.L. Thurmair, in der Münsteraner Melodie von Heinz-Gert Freimuth), und schließlich aus der Praise & Worship-Szene [„Dann auch ich“] , das in seiner deutschen Fassung (Alive Worship) fast besser gelungen ist als das engl. Original „So will I“ (Hillsong Music).

Und, singe ich die Texte, die mir querkommen? Ja, wenn sie theologisch nicht allzu fragwürdig sind. Ich lass sie dann aus mir raus und spüre in mich rein, was sie mit mir machen. Im besten Fall zaubern sie mir ein Lächeln auf die Lippen, auch wenn ich damit nicht d’accord bin. Früher waren die Menschen halt anders, und morgen werden sie es ebenfalls sein.