Perspektiven

Perspektiven

Freitagabend bis Sonntagmittag: Wo stehen wir als Gemeinde, und wo wollen bzw. müssen wir hin? Eine Zukunftswerkstatt als Teil des Mentoring-Prozesses, den wir seit einigen Jahren mit der internationalen [Natürlichen Gemeinde-Entwicklung (NGE)] von [Christian A. Schwarz] gehen. Aber auch fokussiert auf Kommunikationsprobleme, die uns in den letzten Monaten blockiert haben. Was mich fasziniert und warum ich dieses Vorgehen als „erlebte Kirche 4.0“ beschreibe, ist:

  • der absolut professionelle Umgang mit den Baustellen unseres Beziehungsnetzes mit einem externen Moderator
  • Probleme werden nicht weggelächelt
  • es ist nicht immer alles super, Seminare, Predigten, Projekte, prophetische Bilder erfordern auch das Charisma der [Unterscheidung der Geister]
  • die Vielfalt unserer Theologien, Glaubensüberzeugungen und Spiritualitäten begreifen wir wie die meisten [Gemeinden unseres Verbands] als Riesenchance. Uns verbindet viel mehr, als uns trennt. Das Gegenmodell verwechselt Einheit (Joh. 17, 21) mit Uniformität und sieht dann eher „theologische Beliebigkeit“ und „geistliches Sammelsurium“.
  • das ist ein praktisches Beispiel für Multi-Konfessionalität und sogar ein Modell für gesellschaftliche Friedensarbeit.

Fazit: Wir wollen transparenter, kommunikativer und ja, biblischer werden: Ein/e jede/r achte andere höher als sich selbst! (Phil. 2, 3)! Das müssen wir miteinander einüben – und gar nicht nur nach innen, sondern gilt auch nach außen, zu den anderen Playern unserer Stadt. Bei uns soll man erleben können, wie Gott ist!

Plenum und Kleingruppen haben wir online gehalten, Zwischenbilanz und Abschlussfeier mit Eucharistie (und drei Neuaufnahmen) in Präsenz (plus Livestream) – eine ziemlich ergiebige Methode, wie ich finde. Und wir haben es nicht bei Zielen und Appellen bewenden lassen, sondern jede und jeder wurde abschließend gefragt: Auf  welchem Arbeitsfeld unseres „Unternehmens“ möchtest Du Dich engagieren – mit der Möglichkeit, Namen festzuhalten, bzw. sich Ansprechpartner zu suchen.

So können die spirituellen Typen ihren Schwerpunkt praktizieren und die Gemeinde „im Gebet vor Gottes Thron stellen“. Die strategischen Typen sollen das Leitbild weiter entwickeln und aktualisieren. Management-Affine wollen die traditionelle Hauskreis-Struktur erweitern. Pädagogisch Interessierte arbeiten im Kindergottesdienst-Team, bei den Royal Rangern (Pfadfinder) und beim zweijährigen Teenie-Bible-College (TBC, „biblischer Unterricht“, der pubertierende junge Leute begleitet) mit. Anpacker/innen kümmern sich um handwerkliche Erfordernisse oder sind im Gemeindecafé oder in der Stadt diakonisch unterwegs. Nicht zuletzt gibt es ein Technik-Team, das bei den Gottesdiensten und auch sonst die Digitalisierung weiterbringt. Mehrere kleine Bands sind die Spitze einer singenden Gemeinde und auch unter Corona-Bedingungen nie verstummt (!). Seelsorge, Gottesdienstleitung und Predigtdienst beschränken sich nicht auf die drei Hauptamtlichen (Pastor, Jugend- und Kinderreferentin), sondern werden in der Breite der Begabungen von Vielen wahrgenommen und werden dafür auch fortgebildet. In meiner „alten Firma“ wäre es undenkbar, dass zwei 14-Jährige den Gottesdienst ihrer Zertifizierung aus dem TBC (also quasi ihre Firmung/Konfirmation, mit vielen Familienangehörigen und Gästen) leiten würden, dürften, und es auch kompetent könnten! Aus Datenschutzgründen hier ein anderes Beispiel dafür, wenn ein Youngster die Sonntagspredigt hält:

Ich bin sehr froh und dankbar, in einer in dieser Weise charismen-orientierten, also charismatischen, Gemeinde meinen persönlichen „Betriebshof“ haben zu dürfen, in den ich von Zeit zu Zeit zum Boxenstopp fahre, wo ich mich mit freundlichen Brüdern und Schwestern an meine „Roststellen“ oder die „Getriebe-Ermüdung“ heranmachen kann. Gebetsdienst und Segen ist bei uns immer persönlich, hautnah und vernehmlich, d.h. wir haben gelernt, frei und laut zu beten. Das stärkt ungemein und macht resilient gegen die Unbilden des Lebens. Gerade unter Corona und [vor Operationen] habe ich das als besonders hilfreich erlebt.

Das Prozessteam hat 14 Befragungen zu unserer Austausch- und Informations-Kommunikation erstellt, ausgewertet und im Gemeindeforum präsentiert. Zusammen mit den gesammelten Perspektiv-Optionen werden sie eine Strategie ergeben, wie, womit und mit wem wir in den nächsten Jahren weitergehen werden. Insgesamt ein großes Projekt, aber es lohnt sich! Danke allen, die konstruktiv mitgearbeitet haben und es auch weiter tun, denn ein arbeitsintensiveres Ehrenamt kann man sich kaum vorstellen.

Meiner „alten Firma“ sei schon einmal ins Stammbuch geschrieben: Eine synodale Kirche fordert ihre Mitglieder in bisher nicht gekannter Weise heraus, sich selbst, die Zeit, Energie und auch das Geld für die eigentliche Aufgabe der weltweiten Kirche Gottes in der Welt – zur Nachfolge Jesu einzuladen – zu investieren! Ein Abschieben der Verantwortung auf die hauptamtlichen Leitungen geht dann nicht mehr – und ein Ansichziehen der Charismen auf das Amt auch nicht. Jesus zeigt klare Kante, wie in der „Familie Gottes“ mit Macht umzugehen ist (Mk. 10, 43 par).