Wo bist Du, Herr, in diesem riesigen Kirchenmuseum der Stadt Rom, voller barocker Pracht? Einst wehte Dein Geist in den Händen derer, die das Marmor bearbeiteten, die die Fresken malten, die die Mosaike byzantinisch zusammensetzten, die die römisch bemaßten Ziegel formten, brannten und mauerten. Einst warst Du bei den Menschen, die sich versammelten unter Wort und Sakrament, auch wenn sie die antike Sprache gar nicht mehr verstehen konnten. Du warst den Menschen nahe, die ihr Geld gaben zur vermeintlichen Ehre Gottes, und das doch von der Staatsmacht zum Leben in Saus und Braus und zum Errichten weltlicher Denkmäler vereinnahmt wurde. „Alexander VII.“ prangt auf allen Giebeln des Petersplatzes und im Innern auf einem der spektakulärsten Objekte des Bildhauers Bernini.
„Quo vadis, Domine – Herr, wohin gehst Du?“ soll Petrus Dich gefragt haben mitten im Gewühl auf der Via Appia auf der Flucht vor der unseligen Christenverfolgung des Nero, aber Du warst auf dem Weg in die Stadt hinein.
Du bist in Trastevere, in diesem Armenviertel des alten wie des aktuellen Roms. Du bist in Sta. Maria bei den armen und reichen Menschen aller Nationen, die sich Tag für Tag zum Abendgebet der Gemeinschaft von St. Egidio versammeln (weil deren Kirche zu klein geworden ist). Du bist aber vor allem auch bei den Feuerspeiern auf der Piazza, du bist bei den lästigen Andenkenverkäufern, die ihr tristes Leben durch den Verkauf von völlig nutzlosen Kleinigkeiten aufzubessern suchen. Zwar versuchen sie auch, uns Gäste zu erpressen, aber manche von ihnen strahlen trotz aller Unbilden eine unglaubliche Heiterkeit aus, jedenfalls heute abend. Die greift auf uns über und macht uns umso verlegener. Begegnest Du uns in diesen armen Schluckern, ganz direkt, sozusagen leibhaftig, Aug in Auge?
Du bist nicht nur hier in Trastevere, heute, im Oktober 2015, selbstverständlich weiß ich das. Trastevere liegt vor unserer Haustür, vor meiner. Dennoch ist dieser Abend mit St. Egidio und die Stunden danach in der Begegnung mit den Armen für mich das Schlüsselerlebnis dieser Wallfahrt, neben dem Gottesdienst in der Domitilla-Katakombe bei den ersten Christen Roms, von denen Viele ihren Glauben mit dem Leben bezahlt haben. Prunk und Pracht vergangener wie gegenwärtiger Zeiten bringen uns nicht weiter. (Jes. 43, 18f, mein Lieblingsspruch)
Der Masterplan, das „Programm für die nächsten Jahre der Kirche“ (EG 25) steht. Jeder kann es nachlesen. PP. Franziskus fährt einen evangelikalen Ansatz. Eine „lebendige Beziehung zu Jesus Christus“ ohne dem Geringsten Deiner Brüder auch nur eine Spur Zuwendung zukommen zu lassen, ist aber genauso unglaubwürdig wie ein durch Ablassgelder finanzierter Petersdom oder eine mit Hehlergold geschmückte Decke wie in Sta. Maria Maggiore.
Die Christenheit ist der erste „Global Player“ (nicht nur die kath. Kirche). Wir wollten weltweit wirtschaften im 21. Jahrhundert. Zu tun bekommen wir es aber mit Menschen, „Fremdlingen“ – sie tragen alle Dein Gesicht…