Ostern in drei Schritten gottesdienstlicher Feier: Gründonnerstag, Karfreitag, Ostern – Erlösung ist ein Geschenk, das es anzunehmen gilt, und das sich als Weg erschließt, durchaus auch an den Stationen und Abschnitten des Lebens. Wegbegleitung in einer charismatisch-freikirchlichen Gemeinde ist durchaus ausbaufähig. Hier sind durch eine gewisse Traditionslosigkeit schon wieder Traditionen entstanden. Aber: Muss eine Gemeinde alles machen, alles bieten? Ich meine: nein, denn keine Gemeinde muss und kann perfekt sein. Gerade dadurch entsteht ja Freiraum, in dem man über den Tellerrand hinausgehen kann und die Gottesdienste mitfeiert, bei der die Nachbarkonfession mehr Erfahrung, mehr Spiritualität und mehr Tiefgang einbringt!
So ist es mir auch in diesem Jahr wieder als aktiver Domchorsänger gegangen. Karfreitag wird in unserem Dom seit Jahren die Johannes-Passion von Heinrich Schütz (1585–1672) gesungen, und zwar im besten Lutherdeutsch von 1666, für katholische Ohren recht ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher der Augenschein dabei, denn vier junge Leute aus dem Jugendchor übernehmen am Altar und an den Lesepulten die Solopartien. Überhaupt ist der [Osnabrücker Jugendchor] der Hauptakteur an diesen Tagen, denn „ihr Ding“ sind, neben der Mitwirkung bei den übrigen Gottesdiensten, die Trauermetten am Karfreitag und Karsamstag mit vielen Psalm- und Lesungsmotetten quer durch die gesamte Kirchenmusikgeschichte. Dafür leben Viele gemeinsam an den Kartagen im Domchorkotten und singen sich bereits ab 6:30 Uhr ein, um dann die über einstündigen Metten zu gestalten – ein Geheimtipp für alle, die dem Kreuz- und Ostergeheimnis im Gebet und durch einfaches Zuhören näher kommen wollen.
Dann am Ostersonntag eine mich persönlich sehr berührende Predigt über Maria Magdalena aus dem Osterevangelium nach Johannes. Weihbischof Johannes Wübbe lädt dazu ein, sich in ihre Rolle zu versetzen: Maria Magdalena ist allein am Grab Jesu, sie schüttet ihr Herz aus ob dem Scheitern der Hoffnung der Jünger und Jüngerinnen Jesu. Sie hat allen Grund zur Klage, weil es scheint, dass der Leichnam Jesu zu allem Unglück auch noch weggenommen worden sei. Sie spricht mit einem, den sie für den Gärtner hält, und hört sich dann beim Namen gerufen – von einer Stimme, die sie nur allzu gut kennt. Jesus ist da, wo wir ihn nicht erwarten, z.B. im beruflichen Kontext. Er ist uns voraus, wo wir noch hinkommen wollen. Er ist überhaupt schon da, wohin wir uns erst als Missionare aufmachen wollen. Maria Magdalena kann nur staunen und verwundert ausrufen: Rabbuni, diese zärtliche „Verkleinerungsform“ von Rabbi – Meister! Der Prediger fragt, wie es denn um uns in solchen Erfahrungen des Scheiterns bestellt ist, und ich denke darüber nach: Lasse ich mich beim Namen rufen, wie kann ich antworten? Will ich das überhaupt? „Der Gekreuzigte lebt“ – bezeuge ich das im Alltag? Welche Situationen gibt es, in denen ich mich lieber herausrede?
In meiner Gemeinde fragen die Prediger oft sehr mutig, konkret und persönlich herausfordernd. Im Sonntagscafé kann man über Leben und Glauben reden, in 14 Hauskreisen geht’s zur Sache, wie sich die Bibel im Alltag auswirkt (oder auch nicht), und in Kürze werden wir mit unseren Pfadfindern der „Royal Rangers“ die 100-er Mitgliedermarke knacken. Unsere Gemeinderäume platzen – nicht immer, aber zeitweise – aus allen Nähten und wir müssen nicht zurückbauen, sondern ausbauen. Ostern, Auferstehung, Frühling der Kirche, wir dürfen dabei sein, halleluja!