Wir entklerikalisieren gerade!

Wir entklerikalisieren gerade!

Priester gehören zum Volk Gottes wie alle anderen Getauften auch. „Die Kirche ist priesterliches Volk Gottes“ – „Die priesterliche Würde aller Getauften kann nicht gesteigert oder überboten werden …. weder durch Ämter oder Dienste, noch durch Berufungen und Beauftragungen“ [GKS: Gemeinsam Kirche sein, S. 34f.] Die Priesterweihe qualifiziert zum Dienst, nicht zur Macht. „Das Zweite Vatikanische Konzil…meint nicht, dass der Priester einen höheren spirituellen Anspruch im Christsein beanspruchen könnte, denn alle Gläubigen haben durch die Taufe Anteil am Priestertum Jesu Christi“ (ebd. S. 38) – Katholiken und orthodoxe Täuflinge werden sogar dazu gesalbt, mit der alttestamentlichen Salbung zum Priester, König und Propheten (!).

Alle deutschen Bischöfe haben es 2015 unterschrieben: Es „gibt keine andere Heiligkeit für den Klerus als für die Laien. Jede Zweistufenethik ist hiermit überwunden.“ ([GKS] S. 17) Für mich ein ganz klarer Bruch mit dem herkömmlichen und volkstümlichen Klerikalismus! Schluss mit einem angeblichen  „ontologischen Plus” durch die Priesterweihe, Schluss mit einem mystifizierten „Charakter indelibilis“ (unauslöschliches Merkmal), das den Geweihten hochwürdig, exzellent oder eminent machen soll (wie es John L. Allen leider noch im ansonsten lesenswerten, aber vergriffenen Buch [„Das neue Gesicht der Kirche“] zum Ausdruck bringt). Beides kommt bereits allen Getauften und Gefirmten/Konfirmierten zu. Schluss mit dem Primiz-Tourismus, der die ersten Segen eines Neupriesters höher schätzt als den Segen eines Vaters, einer Mutter, eines Freundes oder anderen Wegbegleiters! Es wird vergessen, wer der eigentlich Segnende ist: Der barmherzige Gott! Und seinen Namen darf jeder Mensch beanspruchen, erst recht jede/r Christ/in. So einfach ist das. „Wer bei Jesus Karriere machen will, muss Füße waschen!“ dieser Predigtsatz meines Pastors hat meinen Eintritt ins 3rd Life geprägt – ich werde ihn nie vergessen!

„Im Kirchenrecht gibt es die Kategorie des göttlichen Rechts. Damit wird auch die hierarchische und monarchische Struktur der Kirche begründet. Wenn diese Strukturen Transparenz und Kontrolle verhindern und klerikalen Machtmissbrauch begünstigen, kann das jedoch unmöglich göttlicher Wille sein. Wie sieht es denn aus, wenn wir nicht einmal die weltlichen Standards guter Führung einhalten? Die Kirche täte gut daran, Errungenschaften der politischen Geschichte wie Gewaltenteilung, Amtszeitbegrenzungen, Mitbestimmung, Checks and Balances, unabhängige Gerichtsbarkeit und so weiter zu beherzigen.“ (Stadtdechant Christian Hermes im Interview der Stuttgarter Zeitung v. 14.10.2018)

Berufungsmangel? Im September 2018 haben sich wiederum Frauen und Männer in den pastoralen Dienst des Bistums Osnabrück rufen lassen, 17 sind es diesmal. „Sei mutig und stark!“ (Jos. 1, 6) ist ihr Motto. Das werden sie angesichts der kirchlichen Glaubwürdigkeitskrise in diesen Jahren auch brauchen. Wir singen den Pfingsthymnus (GL 342/EGB 126), beten, dass der Mut sie nicht verlässt. Eine Kollegin aus meinem letzten Pastoralteam ist dabei. Sie hat das Studium berufsbegleitend zu ihrem Job als Familienmutter gemacht. Solche Vorbilder brauchen wir! Die Zahl der Pastoral- und Gemeindereferentinnen steigt seit Jahren ständig an, 2017 auf 7.795. In Deutschland gibt es noch 16.868 Kleriker (geweihte Männer inkl. Ordensleute und Gastpriester) bei stark sinkender Tendenz.

Umso unbegreiflicher finde ich, dass der pastorale Dienst von durch Taufe und Firmung geweihten Frauen und Männern („Lumen Gentium” 10 nennt es tatsächlich „Weihe“) sowohl im „Youcat“ als auch im neuen „Youcat for kids“ einfach nicht vorkommt! Dort ist die katholische Kirche immer noch hierarchisch-klerikal. Ein Kirchenbild des 19 Jahrhunderts! Meinen Kindern habe ich dieses Verständnis gerne erspart, und ich hoffe, dass meine Enkel auch lernen, was ein Pfarrgemeinderat und eine Synode ist. Die bis hin nach Rom bischöflichen Sprüche von der Entklerikalisierung müssen sich erstmal bewahrheiten, d.h. es müssen Taten folgen. Warum muss ein Priester Gemeindeleiter sein? Welche Leitungs-Qualifikationen beinhaltet die Ausbildung? Warum haben Leitungs- Hirten- und Predigt-Charismen von kompetenten Christ/innen in der katholischen Amtskirche keine Chance? Weil Jesus ein Mann war? Dass nur ein Mann Christus repräsentieren kann, ist unbiblisch (Gen./1. Mos. 1, 27 und Eph. 4, 7: „ein jeder“, V. 13: „wir alle…zum vollen Maß der Fülle Christi“ u.v.a. Bibelstellen). Wenn eine Frau die Nottaufe spendet, ist das in der ganzen Fülle Christi gültig. Alle anderen Sakramente basieren auf der Taufe. Immer handelt Christus. Also …

Eine lesenswerte Vertiefung des Themas „Klerikalismus“ hat [Steffen Debus (Orga-Entwickler im kath. Hamburg) in seinem Blog geschrieben]. Und auch [PP. Franziskus hört nicht auf, zu warnen].

[Hier ist Kirche in Bewegung.] [Und hier.] [Und hier.] [Und hier.] [Und hier.] Und das sind nur ein paar katholische Beispiele. Der Heilige Geist musste sich mancher Freikirchen bedienen, um zu zeigen, wie Kirche heute anziehend sein kann. Weitere Initiativen findest Du in meiner Blogroll („Mein Netzwerk“). Hoffentlich geht es nicht nur um Lückenfüller, sondern um pastorale Innovationen mit Nachhaltigkeit. Und, liebe Christen, wenn Ihr die Erfahrung macht, dass Euer Pastoralteam oder Bischof wieder nur nette Mainstream-Sprüche macht, dann packt die Sache selber an und [gründet Eure Gemeinde neu]! Die deutschen Bischöfe, und der von Rom, und Jesus Christus haben jetzt klargestellt, dass Ihr die Autorität dazu habt.

 

 

 

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  1. Pingback: „Die Kraft der Berufung“ – ON FIRE

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