Katholiken in der Sackgasse

Katholiken in der Sackgasse

Warum ich den „Synodalen Weg“ der deutschen Katholiken für eine Sackgasse halte. Sieben Thesen und ihre Basis:

1. Ein „synodaler Weg“ ist eine Nullnummer und verpflichtet in letzter Konsequenz niemanden zu nichts. Es fehlte bei der Vorbereitung von allen Beteiligten der Mut zu einer „richtigen“ Synode, die auch kirchenrechtlich ein probates Mittel ist.

2. Es gab bereits einen [mehrjährigen „Dialogprozess“] auch als Reaktion auf den seit 2010 bekannten Missbrauchsskandal – ohne greifbare Ergebnisse für die Gemeinden. Die Kirchensteuermittel dafür mit dem Verwaltungs-, Personal- und Finanzaufwand sind offensichtlich versenkt.

3. Eine Verwaltungs-Gerichtsbarkeit ist bereits vor 40 Jahren (!) von der [„Würzburger Synode“] gefordert worden. Außer vielleicht der erst jetzt erfolgten Offenlegung von Haushaltsplänen ist in Bezug auf Transparenz katholischer Maßnahmen so gut wie nichts passiert. Dieser wichtige Punkt ist also leider „kalter Kaffee“, der wieder mal auf den Tisch kommt.

4. Was aber aktuell viel wichtiger ist: Den evangelikal-missionarischen Ansatz PP. Franziskus‘ versteht der deutsche Katholizismus überhaupt nicht und hält ihn daher auch nicht für akzeptabel. Weder waren die hochstudierten Pastoralteams in der Lage, [„Evangelii Gaudium“] innerhalb der Jahre seit ihrem Erscheinen 2013 professionell in ein missionales und pastorales Gesamtprogramm umzusetzen, noch wurde der [Brief ernst genommen], den PP. Franziskus 2019 gerade zu diesem Thema an die „Gläubigen in Deutschland“ (also zwar schwerpunktkmäßig, aber gar nicht nur an die Katholiken!) geschrieben hat und der nochmals den ökumenischen Vorrang der Evangelisation vor allen Strukturveränderungen betont.

Ohne neues Leben und echten, vom Evangelium inspirierten Geist, ohne Treue der Kirche gegenüber ihrer eigenen Berufung wird jegliche neue Struktur in kurzer Zeit verderben. (Zit. aus EG 26)

Stattdessen wurde ein entsprechender Satzungsvorschlag auch noch abgeschmettert. Für mich ein No-Go.

5. Ich kann mir gut eine völlig andere (vielleicht biblische gem. dem fünffältigen pastoralen Dienst nach Eph. 4, 11-12) Ämter- und Weihestruktur vorstellen, die nicht dem traditionellen Muster der mittelalterlichen römisch-deutschen Staatskirchen-Hierarchie folgt, die so weder gottgewollt, noch von Jesus persönlich eingesetzt ist. Mit dem Themenraster und den zahlreichen Unterkommissionen des „synodalen Wegs“ soll neues Vertrauen in die kath. Kirche Deutschlands wachsen. Dieser „neue Wein“, hauptsächlich bestehend aus Lockerung der priesterlichen Ehelosigkeit, Öffnung der Weiheämter für Frauen, und Anpassung der Sexualethik an den Zeitgeist, soll anscheinend „in die alten Schläuche” gefüllt werden. Schon aus Mt. 9, 17 und par.  wissen wir, dass das nichts werden kann. Entgegen meinen konservativen Geschwistern bin ich nicht der Meinung, dass man wegen des Zerstörungspotentials bei alten Schläuchen lieber ganz auf neuen Wein verzichten sollte. Im Gegenteil gehen mir diese Forderungen nicht weit genug.  Heraus kommt eine gigantische Re-Klerikalisierung, wo es PP. Franziskus doch gerade um Ent-Klerikalisierung geht und uns um die Weiterentwicklung des gemeinsamen Priestertums gehen sollte. Hierarchien, welche die eigentliche Berufung ihres eigenen Systems verraten, gehören abgeschafft (vgl. EG 26). Es gibt genug (Frei-)Kirchen, die eine Synodalverfassung und darin volle Anerkennung der Menschenrechte von Frauen und Verheirateten haben, und dies über Jahrzehnte bereits gut erprobt und auch theologisch ausreichend diskutiert (wenngleich mir klar ist, dass dies selbst im evangelikalen Lager durchaus nicht überall der Fall ist. Aber was ist Einheit? Uniformität? Auch dazu gibt es in Evangelii Gaudium u. a. in den [Nrn. 141 und 246] gute Hinweise.)

6. Eine grundlegende Reformation des hierarchischen Amtes zugunsten geschwisterlicher Strukturen ist zumindest in der römischen Kirche nicht in Sicht. Und davon abhängig ist ihre mangelnde Gastfreundschaft im [Umgang mit der Eucharistie] (deren klerikale Symbolhalbierung heute auch nicht mehr zu rechtfertigen ist). Die Frage ist ja, ob nur das „römische Format“ der Catholica die ausschließliche Organisation der weltweiten Kirche Gottes sein kann. (Sie ist es nicht: Die meisten indischen Priester in Deutschland sind nicht römisch-katholisch, sondern orientalische „Thomas-Christen“, also syro-malabarisch – mit eigenem Kirchenrecht.) Daher befindet sich mein „römisch-katholischer Migrationshintergrund“ faktisch im Sleep-Modus. Das bedeutet nicht, sich nicht mehr für die Zukunft der (kath.) Kirche zu interessieren, alle Brücken abzubrechen, und keine Engagements mehr in kath. Einrichtungen auf lokaler Ebene einzugehen. Ich gehöre zu einer neuen Generation von Konvertiten: Nicht aus Gegnerschaft gegen konfessionelle Lehrtraditionen, sondern aus Begeisterung für das Wirken des Heiligen Geistes in unserer Zeit, der sehr progressiv ein „Geist der ewigen Neuheit“ (EG 11-13) ist. „Conversión“ im Sinne von PP. Franziskus meint die Kehrtwende in der Pastoral, die mit der persönlichen Bekehrung zu Jesus Christus anfängt (EG 3!). Ich will nicht „auf hohem Niveau jammern“, will mich nicht verbittern lassen, sondern bin ganz im Gegenteil leidenschaftlich für Jesus und seine Sache [als ökumenischer Netzwerker unterwegs]. Im Problemdreieck Charisma – Amt – und Macht brauchen die Kirchen, und nicht nur ihre römische Version, eine ständige Auseinandersetzung und Reformbereitschaft. Freikirchen haben da genauso ihre Baustellen, [Stichwort „geistlicher Missbrauch“]! Jahrelanges Herumkurieren an Symptomen bringt überhaupt nichts.

7. Eine institutionelle Verschiebung der umfassenden missionalen Neuausrichtung des deutschen Katholizismus auf die Zeit nach dem Synodalen Weg (wie sie der Münchener Bischof Reinhard Marx anpeilt) oder gar auf 2030 ist für mich völlig unakzeptabel – ich habe nicht mehr allzuviel Zeit auf dieser schönen Erde… Neues Vertrauen entsteht im Übrigen von Mensch zu Mensch, auf Gemeinde-Ebene, und nicht auf Synoden, und seien sie noch so quasi-strukturell oder weltweit. Vertrauen gehört ins Beziehungsumfeld von Menschen, und da ist entscheidend, wie einladend der persönliche Glaube jedes Einzelnen von uns ist, und wie offen unsere Peergroups in den Gemeinden damit agieren – und zwar jetzt, und nicht irgendwann! Sind die Gemeinden denn fit „Zentren der Evangelisierung“ zu sein? Sind alle Katholiken in Deutschland schon evangelisiert? (vgl. EG 120).

Beim Segenslied zur Jahreslosung erstrahlt als Texthintergrund das Pfingstfenster aus dem Hochaltar des Petersdoms. Wir singen es jeden Sonntag.

Grundlage:
Besonders hinsichtlich Punkt 4 habe ich mich vor vier Jahren [für ein „Noviziat“] und jetzt [für die „Profess“ entschieden], indem ich engagiert [in einer charismatischen Gemeinde] mitmache, wo einfach und unausgesprochen die Eckpunkte des missionalen Pastoralprogramms von PP. Franziskus glaubwürdiger und nachhaltiger gelebt werden. Auch eine solche Gemeinde ist „in Christus … Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“, also „gleichsam das Sakrament“ (Lumen Gentium 1). Die [Katholizität einer Freikirche] lasse ich mir nicht ausreden, auch wenn in ihrem Selbstverständnis das Wort „Sakrament“ nicht vorkommt – aber sehr wohl das Gemeindeverständnis als „aktueller Leib Christi auf Erden“! Und die gemeinsame Basis der altkirchlichen Bekenntnisse mit ihrem originären Kirchenverständnis als „einig, heilig, katholisch und apostolisch“ (d. h. heute: missionarisch). Diese geistliche Dynamik wirkt inmitten unseres konfessionellen Tunnelblicks und weitet Augen und Herzen zu [ganz neuen, ungeahnten] Horizonten. [„Primerar“ und dann immer vorwärts gehen, „ohne Beschränkungen und Ängste“]: Den ersten Schritt wagen, und zwar jetzt, egal ob du jung oder alt bist! (PP. Franziskus). Es gibt mehr als genug Indizien dafür, dass [mein Weg] eben keine Sackgasse ist.