Reformation des Herzens

Reformation des Herzens

Nach meinem [Jahr als Volunteer] bin ich angekommen – in meiner Berufung als Brückenbauer und Copilot für ein neues Gemeindeformat („Ekklesie“) in meiner Stadt. Eine Brücke braucht mindestens zwei „aktive“ Pfeiler: Der eine, aus dessen Richtung ich komme, ist die übergemeindliche [„CE“], angelangt bin ich in einer Ortsgemeinde des [Mülheimer Verbands]. In und mit beiden bin ich engagiert, nicht zuletzt als Basis für mein bürgerschaftliches Netzwerk in der Stadtteilarbeit – „eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts“ (Internetbischof Jacques Gaillot).

Da ist es wohl eine Fügung des Heiligen Geistes, dass beide Verbandsspitzen auf Bundesebene ausgerechnet an einem Ort (Bremen) zu finden sind. 🙂 Das macht es einfach…

Die bisherigen Reformations-Impulse in diesem Gedenkjahr sind für mich nicht nur eine intellektuelle Angelegenheit, nicht nur Herausforderung, mein „post-konfessionelles“ [Selbstverständnis] zu schärfen, sondern sie führen mich zu einer erneuten Vergewisserung meines Bekehrungsprozesses, der mit dem [Eintritt ins 3rd Life] eine völlig neue Qualität bekam. Reformation bei mir selbst! Jetzt! Wie sieht so etwas aus? In diesen Frühlingswochen 2017 sind es drei Stationen:

1.
Ich mache Backstage bei [JesusHouse] mit, weil ich vormittags zum Plakatverteilen an den Schulen Zeit habe. Zum Glück nicht allein, sondern mit Jannika vom PR-Team (das sich hingebungsvoll auch um die Gestaltung, um Flyer, um ein Werbe-Trailer-Video (gut gelungen! aber leider nicht mehr im Netz) und alles, was sonst noch dazu gehört kümmert). Bei den Team-Briefings, die nach einigen Anlauf-Schwierigkeiten auf mehr als 30 Mitarbeiter angewachsen sind, werden für die seelsorgerliche Begleitung derjenigen, die sich bei den Abenden für Jesus entscheiden möchten, noch „Profis“ zur Background-Unterstützung gesucht. So rutsche ich als einer der ältesten Mitarbeiter noch in diese Gruppe rein, werde aber nur an zwei Abenden teilnehmen können. Unsere Devise ist: Kein Jugendlicher geht allein zum Kreuz, sondern hat mindestens einen Weggefährten im Rücken!

Die übergemeindliche Mitarbeitercrew

Beim ersten Abend lasse ich alles auf mich wirken. Referent ist [Martin Fritzsch], unüberhörbar aus Chemnitz 🙂 . Jede Predigt endet mit einer Einladung an die ca. 120 Jugendlichen, den Sitzplatz zu verlassen und zum seitlich aufgestellten Kreuz zu gehen. Mit allen gemeinsam beten wir ein Gebet zur Lebensübergabe (dessen Text nicht ganz meinem Naturell entspricht, aber das ist eben der Nachteil vorformulierter Gebete…) Es enthält ein Absageversprechen an die Übermacht des Bösen, und eine Einladung an Jesus, die Regie im Leben zu übernehmen (und erfüllt damit die Kriterien der kirchlich-traditionellen „Erneuerung des Taufversprechens“ bzw. der Taufe selbst, wenn sie denn folgen würde). Ich bete solidarisch mit „meinem“ Jugendlichen mit, aber mir wird im Verlauf der nächsten Tage klar, dass es um mehr geht: Es geht bei JesusHouse nicht bloß um Zielgruppenpastoral, sondern – als Glaubwürdigkeitstest – auch um mich, ganz persönlich. Nach zwei Jahren ist eine Erneuerung meiner eigenen Bekehrung fällig!

So gehe ich mit einer vertieften Grundhaltung in den vorletzten Abend, und bete bewusst mit. Tim und Sebastian (beide 14) sind mit ihrem Schritt zu Jesus Vorbild für mich. Die Sätze „Jesus, wenn Du zu mir kommst, dann wird alles neu“, und „verändere mich so, wie Du mich haben willst“, haben es mir besonders angetan und bleiben für die nächsten Tage in mir hängen. Zum Ausklang des Abends sind Einzelgespräche mit den Jugendlichen angesagt, Austausch von Handynummern und eMailadressen, um weitere Kontaktmöglichkeiten offen zu halten. Tim ist aus „meiner“ Gemeinde, Sebastian bei den Baptisten. In der Folgezeit sehe ich sie hin und wieder bei Gemeindeveranstaltungen und freue mich. Jesus, behüte und beschütze sie!

JesusHouse soll nachhaltig sein und keinen kurzzeitigen Strohfeuereffekt haben. Daher werden alle Teilnehmer und weitere Interessenten zum [Jugend-Alpha-Kurs] eingeladen, der einen Abend der kommenden 10 Wochen und ein Intensiv-Wochenende umfasst. Mit knapp 40 Teilnehmern wird dies eine weitere Herausforderung an Orga und inhaltliche Qualität für die Veranstalter sein. Es ist erstmalig eine übergemeindliche Mitarbeitergruppe – und im Keller des Gemeindehauses begleitet wie schon bei Jesus-House eine konfessionell bunt gemischte Gebetsgruppe die Abende. Das völlig unkomplizierte Zusammenarbeiten ist ein starker Schritt in die Zukunft der Kirche unserer Stadt!

2.
„Unser Herz brennt!“ Einen Tag später hat der [Gebetsraum Bremen] zu einem [Gebets-Konferenz-Tag] eingeladen. Wir fahren mit einer 13-köpfigen, multikonfessionellen Delegation unserer „Gebetshausfreunde“ hin. Zwei Teamer des [Gebetshauses Freiburg], Rainer Harter und Daniel Gruber, werden die Impulse halten, den Lobpreis leiten und Rede und Antwort stehen: zum Gebet grundsätzlich, mit Workshops der Bremer Gebetsraum-Teamer und Visionen für die zukünftige Arbeit. Ich bekomme den Auftrag, [eine Reportage zu machen], was mir schwerer fällt als sonst, denn mit meiner frischen Bekehrungs-Erneuerung gestern bei JesusHouse darf ich auch eine ganz persönliche Betroffenheit aus Bremen mitnehmen. Was passiert da? Es ist erst einmal eine weitere Bekräftigung dessen, was ich mitbringe. Rainer Harter stellt seinen Impuls zwischen die Sätze „Adam, wo bist Du?“ und „Komm, Herr Jesus!“ vom Anfang und Ende der Bibel. Genau davon sehe ich mich zur Zeit persönlich von Gott herausgefordert: Wo befinde ich mich jetzt? Verstecke ich bestimmte Bereiche meines Lebens? Mag ich aus meinen Schattenseiten heraustreten, ohne Scham, und mich vor Gottes Angesicht hinstellen und sagen: „Nimm mich auf, Herr, Du hast es mir eloquent verheißen, und ich werde leben. Und lass mich nicht konfus werden angesichts der Erwartungen, denen ich mich ausgesetzt sehe“? In den Tagen hatte ich ab und zu den „Ohrwurm“ „Alles, was mir wertvoll war, bedeutet mir nichts mehr …“ – was ist mir wertvoll, das mich aber von Gott ab-sondert („Sünde“), wovon „darf“ ich mich trennen und trennen lassen – um soviel mehr zu gewinnen, weil Gott mich frei macht von im Grunde behindernden Abhängigkeiten? Mehr und mehr erkenne ich, dass ich das nötig habe, und zwar nicht für eine egoistische Art spiritueller Wellness, sondern vor allem hinsichtlich meiner Sozialkompetenz. Und ich erfahre, dass es ein Geschenk ist, das ich einfach annehmen darf. Denn es geht nicht um Entsagung und Selbstkasteiung (wie in den Zeiten vor Martin Luther…), sondern mich vertrauend in die Hand Gottes zu bergen – ganzheitlich, so wie ich geschaffen bin und mit allem, was ich aus mir gemacht habe. Mit allem! So sage ich auch in diesem Augenblick wieder: „Komm, Herr Jesus! – und verändere mich so, wie Du mich haben willst“. Rainer Harter und Daniel Gruber werben für Evangelisierung mit Leidenschaft. Als „cooler Hanseat“ kann ich viel mehr davon gebrauchen! Damit steht mein spiritueller Schwerpunkt für die nächste Zeit fest, zumal mein Gemeindepaten-Ehepaar das auch schon einmal kritisch nachgefragt hat. 🙂

3.
„Master’s Commission“ aus Berlin ist auf Tournee in unserer Gemeinde. Eine [Jüngerschaftsschule] für junge Leute, die ein freiwilliges Jahr absolvieren. Eine Jugendliche von uns ist zur Zeit dort. Wir feiern  einen Lobpreisgottesdienst am Aschermittwochabend. Jordana Pache als Tourleiterin predigt (passend zum bevorstehenden zweiten [Ostergarten-Projekt] unserer Gemeinde) über einzelne Aspekte der Passion Jesu. Warum und wie ist das Kreuz befreiend? Der ausgewiesene Verbrecher Barrabas kam als erster in den „Genuss“ der Freiheit, ohne darum gebeten zu haben und ohne überhaupt zu merken, wem er sie zu verdanken hätte – und wahrscheinlich sogar auch ohne Reue. Jesus stellt unsere menschlichen Maßstäbe und unser Rechtsempfinden ziemlich in Frage und auf die Probe! Ich muss nichts leisten, ich darf mich unters Kreuz stellen. Will ich, dass der Mensch gewordene Gott für mich stirbt? Menschlich gesehen: Nein, geistlich: Ja! Ich will erlöst sein von der Übermacht des Bösen, das mich und die Welt bindet an Ungerechtigkeit und Konsum. Ich kann es nicht selbst! Ich möchte auferstehen zur Freiheit der Kinder Gottes. „Jesus, ich brauche Dich. Ich möchte mich nicht mehr absondern von Dir. Du bist mein Erlöser von aller Mitverantwortlichkeit für Böses in dieser Welt und in mir. Sei Du der Herr in meinem Leben …“ so ähnlich haben wir bei JesusHouse gebetet, 14-Jährige, die anderen und ich. Heute abend erzählt Geli von Master’s Commission, wie Gottes Geist sie ergriffen hat. Sie hat dann „Jesus einen Brief geschrieben“ (gute Idee!). Sie bietet den Mitfeiernden des Gottesdienstes Zeit und „helfendes Gebet“ der anwesenden Commissioner an, wenn jemand auch einen Schritt unter das Kreuz Jesu tun möchte. Das ist eben „typisch evangelikal“, den Glauben aus der „ideologischen Falle“ rauszulocken und auf die Beziehungsebene zu heben. Ich bewundere diese mutige, freikirchliche Praxis, so etwas direkt und praktisch zu vollziehen und es nicht mit Appellen bewenden zu lassen! Nach dem Gottesdienst erzähle ich ihr, dass ich diesen Schritt vor einer Woche bei JesusHouse gerade wieder gemacht habe, und wie er noch tagelang weiter wirkt bis jetzt. Sie freut sich mit mir und bietet auch mir Gebet an. Wir beten füreinander.

Im Regal bei meinen Handbüchern steht er, der kleine Martin Luther als Playmobilfigur. Ein Mitbringsel vom [letzten Urlaub] aus dem Schleswiger Dom-Laden. Er erinnert mich daran, dass Reformation in meinem Herzen beginnt, wenn sie denn Erneuerung aller Lebensbereiche sein soll. Beim [Kirchentag in diesem Jahr werde ich in Erfurt] mitarbeiten, wo Luther mit seiner Berufung gerungen hat. Mich fasziniert, wie Bekehrung heute geschieht und Gottes Gnade heute Menschen entflammt und begeistert. Dass die Teilnehmer es dort erleben können und [nicht nur eine Museumstour] durch die Reformationsgeschichte mitmachen, das wünsche ich mir.

Reformation nicht im Sinne eines „Es“ muss „sich“ etwas ändern, sondern zuerst muss „ich“ mich ändern lassen (!), um dann tatkräftig da mit anzupacken, wo „es“ anders werden muss! Alle Erneuerung der Welt und der Kirche beginnt mit persönlicher Bekehrung, und da ist er wieder, der „dicke rote Faden“ meines Lebenswegs mit seinem Knoten bei Evangelii Gaudium Nr. 3 und 164 und bei 2. Tim. 1, 6-8:

„Entfache die Gnadengabe wieder neu, die Dir mit der Auflegung meiner Hände zuteil geworden ist! Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. Schäme Dich also nicht des Zeugnisses für unseren Herrn (…)“

Das dürfen und sollten wir immer wieder in Abständen tun, nicht rituell und im Grunde distanziert wie in der Liturgie der Osternacht, sondern auch losgelöst von Traditionen und Jahreszeiten in kleiner Runde von Schwestern und Brüdern, bei der Mitfeier einer Taufe, bei der Eucharistie-/ Abendmahlsfeier, oder am besten mit der Aussprache bei der Feier der Versöhnung, wie das Beichtgespräch eigentlich genannt sein möchte und eine ausgezeichnete Form der Tauf- (und Firm-) Erneuerung darstellt.

Johannes Euhus: Auszug aus der Predigt am 4. Dez. 2016

Wenn Du noch 13 Min. lang Lust auf eine freikirchliche Perspektive dieses „Zeichens für die wirksame Gegenwart Gottes“ in Deinem Leben hast, dann klicke auf das Bild links! (Es geht um Punkt 4 bis 6 der Predigtziele Johannes des Täufers: „Überfällige Straßensanierung“)

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