Jedes Jahr gibt es die Mitarbeiter-Konferenz der Gemeinden des [Mülheimer Verbands]. Zum [dritten Mal] war ich dabei. Wieder war es richtig, richtig gut. An die 400 Teilnehmer aus ganz Deutschland haben ihren Glauben, ihr Engagement und ihre Erfahrungen miteinander geteilt. Thema war das Kerngeschäft aller Kirchen und aller Christen: Evangelisation!
Aus 46 Workshops bestand die „Qual“ der Wahl, alles von eigenen bzw. Bremer Fachleuten angeboten. Der verhältnismäßig doch kleine Freikirchenverband mit seinen 45 Gemeinden und 4.300 Mitgliedern stellt ein Seminarprogramm zusammen, das einem Kirchentag alle Ehre macht – von den Basics des Betens in seinen evangelistischen Dimensionen über Kleingruppenarbeit und Gemeindegründung bis hin zur Missbrauchs-Diskussion, der sich der MV nicht verweigert. Manipulation durch emotionale Lobpreismusik, Druck auf die Glaubensentscheidung, Sektierertum und geistlicher Machtmissbrauch sind Vorwürfe, die charismatischen Gemeinden und Gruppen gerne gemacht werden, und denen der MV, wenn sie denn konkret sein sollten, auch nachgeht. Die Einrichtung einer Beschwerdestelle mit kompetenten Fachleuten (Psychologen, Ärzte, Juristen) neben der schon einige Jahre bestehenden externen [Clearing-Stelle] der Deutschen Evangelischen Allianz soll hier noch mehr Hilfe und Abhilfe schaffen.
Programm und Berichte gibt es im [Internet-Angebot] der ECHT! und auf [Facebook].
Den Workshops voraus gingen zwei Impulsvorträge über den Schatz, den wir als evangelisierte Christen in uns tragen („wir haben bereits ein Support-System“), und über die Phasen, die das Engagement für Evangelisation durchläuft. Reto Pelli, Pastor in der [„Kirche im Prisma“] im schweizerischen Rapperswil, warb dafür, unternehmerische Prinzipien auch in der Gemeindeentwicklung anzuwenden, denn Evangelisation ist bei allen Gemeinde-Aktivitäten das Schwierigste, und das am ehesten hinten herunterfällt oder stetig schwindet.
Wie bei der Vision von Coca-Cola sollten wir sagen: „Jesus within arm’s reach of everyone in the planet!“ – „Jesus innerhalb einer Armlänge eines jeden auf dieser Erde!“ Wenn ein Hochhaus brennt, können wir das Feuer mit einem Eimer Wasser nicht bekämpfen – aber wir könnten schlafende Feuerwehrleute damit wecken. Ein Becher heißer Kaffee wird von selbst kalt – wir müssen nichts dafür tun. Retos These:
Immer neue und krassere Aktivitäten helfen der Kirche nicht. Auch nicht, immer wieder an der Stellschraube der Strukturen zu drehen. Was hilft, und was unser Ansatz sein muss, ist die Kultur unserer Gemeinden, unsere Werte!
(Ich finde es immer wieder frappierend, wie der in Freikirchen praktizierte Gemeindebau strategisch umsetzt, was PP. Franziskus in [„Evangelii Gaudium“] grundlegend für die ganze Kirche (nicht nur die röm.-kath.) einfordert, wenn sie nicht „kalter Kaffee“ werden soll!)
Sieben Werte sind es:
- Ich verbreite die gute Nachricht von Jesus
aus Überzeugung (weil ich es selber erlebt habe). - Ich verbreite die gute Nachricht von Jesus
wie es mir entspricht
(und nicht gemäß dem dogmatischen Portfolio meiner Gemeinde), vgl. Ps. 139, 14. - Ich verbreite die gute Nachricht von Jesus,
indem ich mich investiere. - Ich verbreite die gute Nachricht von Jesus,
indem ich mich für mein Gegenüber wirklich interessiere
(und ihm nicht ein theologisches Konstrukt „verkaufe“). - Ich verbreite die gute Nachricht von Jesus
einladend. Wer bist Du? Wo bist Du gerade? - Ich verbreite die gute Nachricht von Jesus
erzählend: Meine Geschichte mit Jesus (Zeugnis), seine Geschichte (Evangelium). - Ich verbreite die gute Nachricht von Jesus
in der Kraft des Heiligen Geistes.
Meine Aufgaben, um eine Kultur der Evangelisation bei mir und in der Gemeinde zu etablieren:
- Benenne sie.
- Tue sie. (Ich muss selbst evangelisiert sein).
- Markiere sie (mach den Mund auf und rede davon).
- Lehre sie (nicht ohne vorher selbst gelernt zu haben).
- Erkenne sie an (welche Priorität hat sie bei mir und in der Gruppe?).
- Wiederhole sie (Evangelisation meines Herzens ist ein ständiger Prozess, der immer wieder der Erneuerung bedarf).
- Etabliere sie. Evangelisation ist unser Kerngeschäft, unser Auftrag.
Reto Pelli stellte im fortsetzenden Workshop „Auftragsorientierter Gemeindebau praktisch“ die „4D-Gemeinde“ vor, die unter dem Dach des Gebets vertikal nach unten den Hl. Geist (Inspiration: 1. Kor. 3, 6+14, 12), und nach oben das unternehmerische Handeln (Organisation: 1. Kor. 2, 6) vereint, und horizontal ihre Identität in Jesus findet (Motivation: 1. Kor. 6, 20) und das alles nach außen mitteilt (Kommunikation: 1. Kor. 9, 20-23).
Meine persönlichen Workshops waren außerdem „Kleingruppen und ihr Potential zur Evangelisation“ mit Moritz Vollmayr (Paulus-Gemeinde Bremen) mit vielen praktischen Tipps für und Austausch über unsere Hauskreis-Erfahrungen, sowie „Angefixt von Roberto Bottrel – Gesprächsgruppe über das [Konzept der missionarischen Zellgruppen] mit Merlin Fürstenberg (Philippus-Gemeinde Berlin-Prenzlauer Berg), in der wir als zwei Osnabrücker von unseren ersten Schritten mit unserer Leiterschulung für die [Central-DNA] berichteten, aber auch wichtige Anregungen mit nach Hause nehmen werden.
Charismatische Konferenzen leben zuallererst von der Konzentration auf Jesus, die Mitte all unseres Denkens, Fühlens und Handelns. Knackige Lobpreiszeiten, Gebetsgemeinschaften (auch unter 400 Leuten in kleinen 3-er oder 4-er Gruppen!) und Segnungsgebet kommen nicht zu kurz, sondern damit fängt alles Inhaltliche an, und zwar mit einem ausreichenden Zeitbudget. Immer wieder sah ich zwischendurch Menschen im seelsorgerlichen oder Beichtgespräch und durfte auch selbst mit einem jungen Mann reden und für ihn beten. Eine solche Atmosphäre habe ich auf traditionskirchlichen Pastoralkonferenzen nie erlebt. Sehr schade. Dazu kommt die hohe Professionalität der Orga und der Workshopleiter/innen, die ich beim MV schon lange als total normal empfinde. Hier gäbe es absolut viel zu lernen – ich wundere mich immer darüber, dass [Kirchenentwickler] dafür auf die Philippinen jetten, nach Poitiers, Linz oder in die Niederlande reisen, anstatt „einfach mal nebenan reinzuschauen“! Die Pausengespräche, fröhliches Wiedersehen mit früheren Konferenzteilnehmern und nicht zuletzt das hervorragende Essen und der Service durch eine große Schar Freiwilliger aus der Paulus-Gemeinde Bremen und den Volunteers der [Master’s Commission] aus Berlin trugen dazu bei, dass die ECHT! 2019 nach [2018] und dem „Testlauf“ [2016] wieder ein Highlight war und auf meinem Tagungskalender weiterhin den 1. Platz einnehmen wird.
Was nehme ich mit nach Hause?
Alles mündete ins immer wieder gebetete: „Komm, Heiliger Geist!“, das zum Abschluss in der lateinischen Überschrift des in der langen Kette der Geschichte der Kirche Jesu Christi gesungenen Hymnus des Pfingstfestes als „Komm, Schöpfer Geist“ auf der Leinwand prangte.
Für mich war die ECHT! 2019 (vornehm ausgedrückt…) der nötige Tritt des Heiligen Geistes in meinen Allerwertesten: „Jetzt nimm die Sache endlich in die Hand! Komm in Bewegung, wir haben noch Einiges vor! Trau Dich endlich! Mach den Mund auf! Pack es an!“ Ich nenne es etwas weniger robust Bevollmächtigung – der wesentliche Aspekt neben Liebe auch im Gruppengespräch mit unseren Gemeindemitgliedern. Nach dem Sonntagsgottesdienst habe ich mich gezielt dafür persönlich von einer Schwester aus dem Segnungsteam der Paulus-Gemeinde segnen lassen.
Die Mitarbeiter-Teams der MV-Gemeinden wollen
- im Heiligen Geist ein neues Staunen über die Liebe des Vaters entfachen,
- uns im Heiligen Geist Kraft zum Überwinden von Sünde geben lassen (dafür gab es eine engagierte Predigt von Alisha Krauter am Samstagabend: „Es geht nicht darum, Sünde zu hassen, sondern Freiheit zu lieben“. Derselben Meinung wie Alisha war [am folgenden Sonntagmorgen] auch PP. Franziskus – so schnell ist der Heilige Geist!),
- uns im Heiligen Geist befähigen, unser nichtchristliches Umfeld zu lieben,
- uns im Heiligen Geist zur Verkündigung des Evangeliums bevollmächtigen lassen,
- uns im Heiligen Geist mit weiteren Gnadengaben beschenken lassen,
- im Heiligen Geist das vollbringen, was ich aus mir selbst nicht schaffe.
Das will ich zu Hause auch!
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